Warum ein Politikwechsel im Osten gescheitert ist – und warum die Lösung SO naheliegt
Im Nachgang der Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen bahnt sich ein regelrechter Betrug am Wähler an, der zwar strafrechtlich nicht relevant ist, aber moralisch höchst verwerflich. Dieser Verrat kommt aber erstens nicht plötzlich und unerartet und wird zweitens kaum bis gar keine Konsequenzen haben.
Das Problem in ganz kurzen Worten:
Die AfD kann keine regierungsfähige Mehrheit bilden. Während die möglichen Koalitionspartner der AfD nur 0,4 bzw. 0,2 % der Stimmen erhielten, sahnte das BSW (welches speziell für diesen Zweck gegründet wurde) kräftig ab und verhindert nun einen Poltikwechsel.
Doch es gibt eine Lösung
Es gibt Gründe, warum die eine Partei mehr Stimmen als die andere bekommt und dabei spielen die (scheinbar) augenfälligsten die kleinste Rolle. (Die augenfälligsten, das wären beispielsweise greifbare Inhalte.)
Das Ganze mit der Logik des Physikers zu betrachten, für den Ursache und Wirkung logisch aufeinander folgen, ist einer der größten Schwächen rational denkender Menschen. Schon die Psychologie muss anerkennen, dass sich der Mensch nicht immer rational verhält – bei sozialen Gruppen gar spielt der Verstand eine umso kleinere Rolle, je größer diese Gruppen sind.
Bevor ich Sie aber mit Details langweile, möchte ich Ihnen sagen, dass sich aus diesem Verhalten auch die Lösung des ganzen Problems ergibt. Sie ist eigentlich recht simpel und falls die Bundestagswahl nicht vorgezogen wird, bliebe noch genug Zeit, diese Lösung umzusetzen.
Die drei Hauptfaktoren, welche Gruppenverhalten beeinflussen, sind die Majoritäskonformität nach Asch, die Minoritätskonformität nach Moscovici und die Autoritätskonformität nach Milgram. Letztere ist auch ein psychologisches Phänomen, das sich in sozialen Gruppen jedoch verstärkt.
Alles, was man dazu wissen muss, ist, dass Gruppenverhalten praktisch nie der Logik folgt und dass es leicht zu steuern ist (wenn man über genügend Reichweite verfügt). Menschen beschreiben ihre Entscheidungen zumeist als „aus dem Bauch heraus“ oder „nach Gefühl“ getroffen zu haben. Tatsächlich sind Urinstinkte dafür verantwortlich, dass wir uns fast automatisch herdenkonform verhalten.
Wenn Menschen in eine Diskrepanz zwischen Erwartung (die Regierung macht alles richtig) und Erleben (immer mehr Pleiten, alles wird teurer) geraten, schlittern sie in eine kognitive Dissonanz. In einer solchen zu verbleiben, würde Stress bedeuten. Die meisten Menschen flüchten sich daher instinktiv in eine Majoritätskonformität (unreflektierte Anerkennung und Übernahme einer Mehrheitsmeinung) oder eine Minoritätskonformität (unreflektierte Anerkennung und Übernahme einer Minderheitenmeinung). Das macht die heftig widerstreitenden sozialen Gruppen aus, die wir derzeit in Deutschland erleben.
Es gibt aber in der Regel nur eine oder zwei größere, gültige Minderheitenmeinungen, da die eh schon kleinere Gruppe bemüht ist, nicht weiter zu zerfallen. In diesen Gruppen neigt man daher dazu, auch unpraktikable bishin zu schädlichen Vorgehensweisen zu akzeptieren und deren Ausgrenzung als „Spaltungsversuch“ anzuprangern. Die beiden derzeit führenden Minderheitenmeinungen sind (1), gar nicht wählen zu gehen, weil man Parteien per se als Übel wahrnimmt, sowie (2) mit aller Kraft das Gegenteil der anderen zu wählen.
Es gibt daneben noch mehrere einflussreiche, aber kleine Minoritätsgruppen, die teilweise abenteuerliche Glaubensinhalte verbreiten. Diese sollen hier aber nicht thematisiert werden.
Gesteuert wird jede Gruppe von einer oder mehrerer Leitfiguren. Auch diese Gefolgschaft liegt in unseren Genen verankert. Nicht jede dieser Leitfiguren ist tatsächlich im Sinne ihrer Gruppe tätig. Manchmal fehlt es einfach an Führungsqualitäten oder Weitsicht; manchmal sind an Spenden aber auch gezielte Bedingungen geknüpft.
Nun könnte man sich fragen, warum die zweite Gruppe nicht auch dieBasis oder die WerteUnion wählt. Schließlich wählt sie gezielt das Gegenteil von dem, was die Majoritätskonformen wählen.
Die Antwort liegt in diesem Fall ausnahmsweise einmal nicht in der Soziologie, sondern in der Psychologie. Menschen schenken nur solchen Menschen (und Parteien) ihr Vertrauen, die sie zu kennen und einschätzen zu können glauben. Doch dazu müssen sie diese erst einmal bewusst wahrnehmen.
Die meisten Meinungsforscher sind sich einig, dass die Wahrnehmungsschwelle, also die Schwelle, ab der wir eine Information bewusst wahrnehmen, bei ca. 1,5 % der Gesamtinformation liegt. Das hat einen guten Grund. Auf uns prasseln permanent Informationen ein. Um den Überblick nicht zu verlieren, sortiert unser Gehirn diese nach Wichtigkeit. Alles, was wir seltener als (ungefähr) 3 Mal je 200 Einzelinformationen erfahren, wird automatisch von unserer Wahrnehmung als unwichtig ausgefiltert. Daher nehmen wir beispielsweise das Attentat von Solingen wahr, die vielen anderen Messerangriffe, die sich im gleichen Zeitraum abspielen, jedoch nicht. Auch wenn wir darüber hier und da bei X oder Facebook lesen.
Zur Wahrnehmungsschwelle gesellt sich ein psychologischer Effekt, für den in erster Linie die Musikindustrie bekannt ist, der aber auch bei Parteien angewandt wird: der sogenannte „Mere Exposure – Effekt„. Kurz gesagt, beschreibt dieser Effekt, dass wir einen Reiz umso positiver wahrnehmen, je häufiger wir mit ihm in Kontakt gebracht werden.
Sie kennen das vielleicht aus der Musikindustrie. Sie hören allmorgendlich auf dem Weg zur Arbeit ein Stück im Autoradio, das bei genauerer Betrachtung eher keine musikalische Meisterleistung darstellt. Nach mehrmaligem Hören setzt sich dieses Stück aber dennoch bei Ihnen fest und Sie ertappen sich dabei, es vor sich hinzusummen. Auf diese Weise macht die Musikindustrie mithilfe der Medien (hier Radio zumeist) auch aus dem größten Schrott noch einen wirtschaftlichen Erfolg. Einfach durch Dauerpräsentation.
Bei Parteien greift der gleiche Effekt. Die Frage danach, ob zuerst der Erfolg einer Partei da war oder die mediale Berichterstattung über sie, lässt sich eindeutig beantworten: Zuerst war die Berichterstattung da. Erst dann stellte sich der Erfolg ein.
Auch ohne den Mere Exposure – Effekt bemühen zu müssen, lässt sich das beweisen. Wagenknechts Partei war beispielsweise (obgleich noch nicht einmal gegründet) seit März 2023 Dauerthema in den Medien. Und das trifft im Übrigen auch auf die AfD zu. Auch deren Gründung wurde bereits im Vorfeld von den Mainstreammedien begleitet.
Doch wie kann das der Basis und der WerteUnion weiterhelfen? Die Medien schweigen sie schließlich tot. Und zwar ALLE, nicht nur die Mainstreammedien.
Sie schweigen diese beiden Parteien tot, nicht aber die AfD. Die AfD wiederum ist in der misslichen Lage, dass ihr all der mediale Rummel nichts nutzt, da sie keine Koalitionspartner findet und auf diese Weise stets in der Opposition verbleibt.
Ein Schelm wer Böses dabei denkt und eine gewisse Planung dahinter vermutet. Derzeit könnte man das Problem folgendermaßen bildlich darstellen:
Die AfD könnte nun ihre mediale Präsenz und Reichweite dazu nutzen, um auch dieBasis und die WerteUnion über die Wahrnehmungsschwelle zu bringen. Das wäre nicht ganz so effektiv als würden die Mainstreammedien dies selber tun, doch höchstwahrscheinlich wäre es effektiv genug.
Es wäre für alle Beteiligten eine WinWin-Situation, die letztlich zu einer politischen Kehrtwende, nicht nur im Osten, sondern auch auf Bundesebene führen würde.
Leider verfügt die AfD nicht über entsprechende Strategen, die eine solche Lösung von alleine erkennen würden. Die AfD hat sicherlich auch bis heute noch nicht begriffen, dass sie von dem Shitstorm der Mainstreammedien profitiert. (Wie etwas weiter oben ausgeführt, sollte das Erleben immer der Erwartungshaltung entsprechen, wenn eine Nachricht erfolgreich sein soll. Die mediale Berichterstattung erfüllt die Erwartungshaltung der Protestwähler.) Allerdings (und auch das ist gezielt) nicht aller Protestwähler.
Nun muss die AfD selber diese Reichweite, die sie durch die Medien erhält, in einer ähnlichen Art und Weise an dieBasis und die WerteUnionweiterleiten. Sie muss dabei klarstellen, dass dieBasis und die WerteUnion nicht den Werten und Zielen der AfD entsprechen, man sie sich aber dennoch eine Koalition vorstellen könne. Kritik seitens der AfD wäre hier effektiver, als ein Schulterschluss. Wichtig ist die Häufigkeit und Nachrichtendichte, sowie die Wiederholrate.
Diese Art der Berichterstattung würde dieBasis und die WerteUnion über die Wahrnehmungsschwelle heben und sie strategisch günstig, links neben die AfD und rechts der CDU platzieren. Perfekt also, um der CDU (und dem BSW) Stimmen abzunehmen. Dabei wäre die WerteUnion prädestiniert, um der CDU die Stimmen abzunehmen, während dieBasis perfekt dazu geeignet ist, dem BSW Stimmen abzunehmen. Schließlich resultieren die Stimmen für das BSW nahezu ausschließlich aus den Positionen Sahra Wagenknechts, welche die Positionen aller anderen BSW Politiker (ebenso wie linksextreme Ansichten) dabei verschweigt. Diese (öffentlich bekundeten) Positionen decken sich fast 1:1 mit den Positionen der Basis und wurden von Wagenknecht übernommen. Eigentlich ist Sahra Wagenknecht eine Kopie der Basis und hat mit der Partei, die ihren Namen trägt, nicht viel zu tun.
Die Lösung, auf einen Satz gebracht, ist also sehr einfach: Die AfD muss sich ihre Koalitionspartner selber schaffen.
Dass sie dabei tunlichst den Versuch unterdrücken sollte, aus ihren Koalitionspartnern eine AfD 2.0 zu machen, sollte inzwischen klar sein. Die WerteUnion wird auch weiterhin eine bessere CDU bleiben und dieBasis wird weiterhin eine (erheblich) bessere Wagenknecht-Partei sein.
Die Vorteile für die AfD lägen auf der Hand: Sie hätte zukünftig Koalitionspartner und käme auch nicht in die Verlegenheit, mit einer der gescholtenen Systemparteien koalieren zu müssen, was diese aber ohnehin verhindern würden. Ein kompletter Politikwechsel wäre möglich, bei dem alle Systemparteien nach und nach auf die Oppositionsbank verwiesen würden oder gleich ganz aus den Parlamenten flögen. Da Parteien letztlich aber nur leere Hüllen sind, welche durch die Personen belebt werden, die solchen Parteien ein Gesicht und eine Richtung geben, ist es nicht ausgeschlossen, dass es danach zu einem tiefgreifenden Personalwechsel innerhalb der Systemparteien kommt. Der CDU täte dies jedenfalls gut.