Was uns das Westernreiten über die aktuellen Lockerungen lehren kann

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Was uns das Westernreiten über die aktuellen Lockerungen lehren kann

Westernreiten ist der Oberbegriff für verschiedene reiterliche Disziplinen, wie Reining, Trail, Working Cowhorse etc. Es entwickelte sich aus der Gebrauchsreiterei des Cowboys und Ranchers und hat (wie fast jede Gebrauchsreiterei) seinen Ursprung in der Doma Vaquera, der Ausbildung des Spanischen Hirten- und Stierkampfpferdes. Nach Amerika war es durch Spanische Einwanderer gelangt.

Dem Westernreiten gegenüber steht das sogenannte Englisch“reiten“, welches keine echten Wurzeln hat, sondern (abgesehen von der klassischen Dressur, welche sich ebenfalls aus der Doma Vaquera entwickelt hat) sich aus der Jagdreiterei als gesellschaftlichem Ereignis entwickelte, bei dem das Reiten ansich nicht im Vordergrund stand. Das Englisch“reiten“ ist das, was man in Deutschland, Europa und auch weltweit i.d.R. meint, wenn man vom „Reiten“ spricht.

Die fundamentalsten Unterschiede, die diese beiden Reitstile ausmachen, erklären recht gut, warum es derzeit wieder Lockerungen in der Coronapolitik gibt, warum es die zwischendurch immer gab und warum diese Lockerungen in einigen Wochen wieder enden werden.

Grundsätzliches

Beim Reiten wird grundsätzlich Druck und Zwang auf das Pferd ausgeübt, damit es tut, was der Reiter will. Dieser Druck und Zwang wird als „Hilfen“ bezeichnet. Eine Hilfe kann ein Druck mit dem Unterschenkel sein, der Einsatz von Sporen, ein Zug am Zügel, der Druck mit einem Gesäßknochen o.ä.

Beim Englisch“reiten“ wird ein solcher Druck dauerhaft, also während der gesamten Zeit des Reitens eingesetzt und im Bedarfsfalle entsprechend verstärkt. Dass beispielsweise ein dauerhafter, leichter aber steter Zug am Zügel existiert, wird als „Anstellen“ bezeichnet. Auch die Beine als vorwärtstreibendes Element, sind permanent im Einsatz. Schließlich betrachtet man das Ganze ja als Sport.

Dem gegenüber lässt der Westernreiter sein Pferd vollkommen in Ruhe, solange es das tut, was es soll. Erst wenn es das nicht mehr tut oder der Reiter etwa einen Gangart- oder Richtungswechsel anstrebt, kommen Hilfen zum Einsatz, und diese dauern auch nur ebenso lange, wie unbedingt nötig.

Und wenn wir uns die Entwicklung der jeweiligen Pferde im Laufe der Jahre ihrer Ausbildung ansehen, dann können wir beobachten, dass Westernpferde mit der Zeit immer sensibler gegenüber Hilfengebungen werden, während Englischpferde immer weiter abstumpfen. Während ein Reiningpferd, also ein Pferd, das in der Westerndressur ausgebildet ist, irgendwann praktisch keine spürbaren Hilfen mehr benötigt, weil es auf die kleinste Regung seines Reiters achtet, benötigen Englischpferde (insbesondere sogenannte Freizeitpferde) im Laufe der Jahre immer stärke Einwirkungen und immer schärfte Zäumungen, um Hilfen überhaupt noch wahrzunehmen

Viele Englischreiter fragen sich, wie solche Bilder überhaupt möglich sind:

Viele Denken, ein sogenannter Sliding Stop, also eine „Vollbremsung“ am Ende eines Beleunigungsgalopps, würde durch brachialen Zug an einem scharfen Zaum ausgelöst. Das jedoch ist falsch. Und wer glaubt, das obige Pferd habe sozusagen eine Zirkusdressur erfahren und sei damit einmalig, dem sei dieses Video ans Herz gelegt:

Hier verlor das Pferd ganz zu Beginn der Pattern sein Zaumzeug.
Hä, wie stoppt der das Pferd? Das Pferd registriert, wenn der Reiter sein Becken nach vorn schiebt, als wolle er eine Schaukel ohne die Zuhilfenahme der Beine in Bewegung setzen. Es spürt diese Bewegung sogar durch den Sattel!

Warum ist das so? Warum sind Westernpferde so erheblich sensibler, als Englischpferde?

Weil jeder Dauerreiz früher oder später zu Abstumpfung führt. Wenn Du aus einer ruhigen Wohngegend in eine ziehst, in der die ganze Nacht Verkehr herrscht und sich Dein Schlafzimmerfenster auch noch an einer vielbefahrenen Straße befindet, dann wirst Du anfangs jedes einzelne Auto hören. Du wirst genervt sein und nicht schlafen können. Doch es dauert nicht lange und Du wirst die Geräuschkulisse zunehmend weniger wahrnehmen. Nun sind es nur noch die vereinzelten LKWs, die Dir den Schlaf rauben, bis auch die irgendwann von Deinem Bewusstsein ausgeblendet werden.

Würde man Dich nun ärgern und Dir dauerhaft den Schlaf rauben wollen, so würde man den Verkehr einfach für die meiste Zeit abschalten, um ihn dann zwischendurch (immer, wenn Du gerade dabei bist, einzuschlafen) wieder voll aufdrehen. Auf diese Weise würdest Du niemals gegen den Lärm abstumpfen und könntest auch niemals schlafen. Im Westernreiten wird diese Methode als „Pull & Slack“ bezeichnet. Sie wird (leider) nicht aus Gründen des Tierschutzes angewendet, sondern um Pferde zu produzieren, die auf die allerleisteste Hilfengebung reagieren.

Und genau nach eben dieser Pull & Slack Methode geht das Corona-Regime vor. Würde man einen jahrlangen Dauer-Lockdown veranstalten, würden die Menschen im Laufe der Zeit dagegen abstumpfen. Daher werden zwischen den Phasen extremer Anspannung, immer auch Phasen der Entspannung eingebaut. Die Menschen werden auf diese Weise buchstäblich für die Phasen der Anspannung sensibilisiert.

 

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