Prozessauftakt gegen Michael Ballweg

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Bereits nach einer Stunde war der heutige, erste Prozesstag in dem Prozess gegen den Querdenken-Gründer Michael Ballweg vor dem Landgericht Stuttgart schon wieder beendet. Lediglich die Staatsanwaltschaft hatte ihre Anklage verlesen. Eine Einlassung Ballwegs oder seiner Anwälte fand nicht statt.

Ballweg wird vorgeworfen, er habe in mehr als 9000 Fällen Betrug begangen oder zumindest versucht, indem er Spendengelder unter falschem Vorwand bzw. mit Angabe eines falschen Verwendungszwecks eingefordert habe. Diesen Vorwurf, wie auch den Vorwurf der Geldwäsche, hatte die Wirtschaftskammer des Landgerichts jedoch nicht zugelassen und die Eröffnung eines Hauptsacheverfahrens in beiden Punkten abgelehnt.

Einer daraufhin erfolgten Beschwerde gegen diesen Bescheid seitens der Staatsanwaltschaft, stimmte das Oberlandesgericht hingegen wiederum zu. Zumindest was die Betrugsvorwürfe anbelangt, sieht das OLG einen hinreichenden Tatverdacht als gegeben. Den Geldwäscheverdacht wies jedoch auch dieses Gericht zurück, womit dieser Punkt wohl vom Tisch wäre.

Somit dreht sich der aktuelle Prozess nur noch um den Tatvorwurf des versuchten Betrugs. Das Gericht hat zunächst 30 Prozesstage anberaumt, was auf eine aufwändige und umfangreiche Beweisaufnahme schließen lässt. Offenbar, so zumindest meine Vermutung, ist es der Staatsanwaltschaft gelungen, Opfer zu finden, die sich auch als Opfer betrachten.

Das genau war nämlich das Kernproblem der Anklage. Ein Betrugsvorwurf kann nur dann aufrechterhalten werden, wenn es Geschädigte gibt. Ähnlich wie im Fall Fuellmich, sahen sich die Spender jedoch nicht als Geschädigte. In gewisser Weise ist das schon sehr kurios und lässt sich nur schwer mithilfe des gesunden Menschenverstands in Einklang bringen – sowohl bei Fuellmich, als auch bei Ballweg.

Denn obwohl in beiden Fällen tatsächlich die eingeworbenen Gelder eindeutig anders (und zwar privat) verwendet wurden, als von den Aktivisten bei ihren Spendenaufrufen angegeben, sieht sich der (zumindest größte Teil) der Spender nicht betrogen. Die großen Unterschiede bei den beiden Fällen liegen in den Tatvorwürfen. Fuellmich wird der Untreue beschuldigt. Da braucht es keinen Geschädigten. Ballweg hingegen könnte glimpflich davon kommen, wenn sich kein Zeuge findet, der sich von ihm in nennenswerter Größenordnung betrogen fühlt.

Das Ganze lässt sich in gewisser Weise mit einer Sekte vergleichen, die Seelenheil verspricht und deren Betreiber dafür Spenden einsammelt.

Und einen sektenartigen Charakter hat das Ganze rund um die sogenannten „Widerstandsaktivisten“ durchaus. Die meisten Menschen, die sich dieser Bewegung anschlossen, wechselten ihre Informationsquellen und Führungsfiguren lediglich. Sie schalteten die Tagesschau ab, dafür aber diverse Telegram- und Youtube-Kanäle ein. Sie kündigten der Bundesregierung die Gefolgschaft, schworen diese aber Menschen wie Ballweg, Ludwig, Schiffmann, Fuellmich & Co. Was viele also lediglich taten, war, sich von der Glaubensgemeinschaft der „Zeugen Coronas“ abzuwenden, sich dafür aber sofort einer neuen Glaubensgemeinschaft anzuschließen.

Während der erste Schritt (die Abwendung von den „Zeugen Coronas“) sie von deren Glaubeninhalten befreite, führte der zweite Schritt sie jedoch wieder in die Glaubensabhängigkeit einer anderen Gemeinschaft. Daher waren die sogenannten „Querdenker“ auch niemals Selber-Denker, sondern wiederkäuten nur die Inhalte ihrer Vordenker. Und einer dieser Vordenker war Michael Ballweg.

Und diese neuen Vordenker lagen zwar in puncto Corona durchaus richtig… in allen anderen Punkten führten sie ihre Anhänger jedoch in eine unlösbare Zwickmühle, in der sie noch heute gefangen sind.

Um es mit einem Satz und so verständlich wie möglich zu sagen: Ballweg & Co. sagten zwar die Wahrheit, was Corona anbelangte, sorgten jedoch gleichzeitig dafür, dass die Politik sich nicht änderte. Das taten sie u. a. damit, dass sie sich den Reichsbürgern annäherten. Sie forderten zwar den Rücktritt der damaligen Regierung, setzten sich jedoch nicht für die bewegungseigenen Parteien einsetzten, um die Regierungsparteien auch sinnvoll zu ersetzen. Letztendlich ähnelten sie damit einer Untergangsekte, die darauf ausgerichtet war, einen baldigen vollständigen Zerfall des herrschenden Systems zu predigen. Hin und wieder auch mit unübersehbaren Hinweisen darauf, diesen Vorgang beschleunigen zu wollen.

Reichsbürger sind eine vom Verfassungsschutz organisierte Bewegung, die einerseits politisch Unzufriedene vom Wählen abhält und andererseits dazu dient, eine Bewegung in der Öffentlichkeit als radikal darzustellen.

Obwohl Ballweg, Ludwig & Co. dies eigentlich bekannt sein durfte, schoben sie die Querdenkenbewegung immer weiter in diese fatale Reichsbürger-Richtung. Das ging sogar so weit, dass sie das Grundgesetz ablehnten, die Berlin-Demo am 29.08.2020 zur verfassungsgebenden Versammlung erklärten und sich am 15.11.2020 in Saalfeld mit dem „König von Deutschland“ trafen.

Die Rechnung ging am 26.09.2021 auf, als ihre Anhänger die Bundestagswahl verweigerten und somit der Ampelregierung an die Macht verhalfen. Kurz zuvor hatte Ballweg-Freund Ludwig noch einmal sehr viel Verständnis für Nichtwähler gezeigt und der Oberguru Schiffmann aus Tansania verkündet, Parteien seien sowieso keine Lösung.

Das alles allerdings sind keine Anklagepunkte, die die Staatsanwaltschaft dem Querdenken-Gründer vorwirft, obwohl sie deutlich zutreffender wären. Es sind aber mutmaßlich Gründe, warum Ballweg mit einem blauen Auge davonkommen wird. Kaum ein anderer hat dem Regime einen solchen Dienst und der Widerstandsbewegung solch einen Bärendienst erwiesen.

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