Fuellmich-Prozess und der Elefant im Raum

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Fuellmich-Prozess und der Elefant im Raum

Ich gebe zu, es ist schon spannend, der Prozessbeobachterin Nicole W. zuzuhören und auf diese Weise nahezu dem gesamten Gerichtsverfahren folgen zu können.

Dabei ist aber weniger die Causa Fuellmich der spannendste Teil, sondern vielmehr das, was die diversen Zeugenaussagen noch am Rande ergeben.

Zum einen geht aus diesen Aussagen hervor, dass das Gründungsteam des Corona-Ausschusses zum größten Teil aus Personen bestand, die von Fuellmich bereits Monate zuvor zu einem Sammelklageteam zusammengeschweißt worden waren. Ich habe daher die Vermutung, dass der Corona-Ausschuss urspünglich dazu dienen sollte, Mandanten für die Sammelklage zu finden.

Zum anderen geht aus ihnen hervor, dass Viviane Fischer nicht zu dieser Gruppe gehörte. Vermutlich nahm man sie hinzu, weil sie mit ihrer (sinnlosen, aber öffentlichkeitswirksamen) Pseudo-Petition gerade im Gespräch war und somit eine gewisse Reichweite versprach. (Pseudo-Petition, weil es sich um eine dieser „Petitionen“ handelte, die auf einer Internetplattform und nicht beim Petitionsausschuss des Bundestages gestartet wurde und somit – unabhängig von der Zahl ihrer Zeichner – niemals irgendeinen politischen Effekt gehabt hätte.)

Die Zeugenaussagen sind durchaus nicht schmeichelnd, was ihre Person betrifft. Man hielt sie für seltsam und chaotisch und wollte sie sogar aus einer geplanten Zusammenlegung der Kanzleien heraushalten.

Nichtsdestoweniger war sie es bald, die neben Fuellmich beim Corona-Ausschuss den Ton angab und beispielsweise über Ausgaben verfügte.

Dabei (auch das ist neu und geht aus diversen Zeugenaussagen hervor) verfügte auch Viviane Fischer die Überweisung nicht ganz unbeträchtlicher Geldbeträge. Allerdings nicht an sich selber oder ihre Kanzlei, sondern an dritte Dienstleister.

Sie allein schien dabei darüber zu befinden, welche Dienstleistungen bezahlt wurden und wann sie empört auf die Uneigennützigkeit des Ausschusses hinwies. Und das tat sie meiner Ansicht nach recht willkürlich und nach nicht exakt zu durchschauenden Kriterien. Fuellmich gibt dazu sinngemäß nur an, man habe sich vertraut, was erklären soll, warum er diese Posten nicht überprüfte.

Die Hafenanwälte hielt man lieber ganz heraus. Tobias W. gibt dazu (sinngemäß) an, er habe dazu geraten, dass nur zwei der Gesellschafter diese Funktion erfüllen. Vielleicht interpretiere ich da jetzt etwas hinein, doch für mich klingt W.’s Aussage so, als habe er von allen vier Anwälten nicht viel gehalten und es deshalb vorgezogen, nur von zwei personalisierten Inkompetenzen beauftragt zu werden, als von vier.

Ein ganz wichtiger Punkt ist in diesem Zusammenhang der Umstand, dass Viviane Fischer nach eigener Ausssge nicht zwingend für ihren Lebensunterhalt arbeiten muss, sondern auch so finanziell versorgt ist und es die ganze Zeit über war. Das traf auf keinen anderen ihrer Ausschusspartner zu und es schien für Fuellmich ebenfalls eine Überraschung zu sein.

Sie konnte sich also ganz ihrem Hobby, dem Corona-Ausschuss widmen, während alle anderen irgendwie zusehen mussten, dass sie ihre Brötchen verdienen.

Wenn Viviane Fischer stets ihre Uneigennützigkeit unterstreicht, dann muss man das dabei im Hinterkopf behalten.

Es ist ein bisschen so, als sei eine von drei oder vier Freundinnen von Beruf Tochter und zeige wenig Verständnis dafür, dass die anderen nicht all ihre Zeit gemeinsamen Aktivitäten widmen oder teure Edeldrestaurantsbesuche finanzieren können.

Natürlich rechtfertigt der Geldmangel nicht, sich zu Gaunereien oder krummen Geschäften hinreißen zu lassen, oder die Möglichkeiten seines Berufs so weit auszudehnen, dass man (irgendwie) damit Geld machen kann. Was ich damit meine? Die Sammelklage war, nach Ansicht der allermeisten Anwälte, von vornherein zum Scheitern verurteilt. Aber ein Anwalt wird nicht für seinen Erfolg, sondern bereits für sein Bemühen bezahlt. Wenn man diesen Umstand in ganz großem Stil ausschlachtet, ist das in meinen Augen irgendetwas zwischen schäbigem Verhalten, der Ausnutzung menschlicher Dummheit und Betrug.

Ich persönlich habe aber schon noch schlimmere Maschen erlebt. Etwa den Anwalt, der nur von Erstberatungen lebte und gar keine Mandate übernahm. Dass es sich um eine teure und sinnlose Erstberatung handelte, erfuhren seine Nicht-Mandanten erst am Ende eines 45-minütigen Gesprächs.

Und sicher erinnert sich der eine oder andere an die berüchtigten Abmahnanwälte aus der Goldgräberzeit des Internets, die ihre Anwaltshonorare anschließend mit ihren vermeintlichen Mandanten teilten.

Stellt sich die Frage, ob Viviane Fischer die einzige unter ihnen war, die das Ganze aus Überzeugung machte und nicht, um lediglich Geld zu machen.

Falls dem so ist, dann ist das jedoch nicht gerade schmeichelhaft für sie. Glaubt sie etwa bis heute, ein solches „Aufklärungsformat“, wie es der Corona-Ausschuss darstellt, sei irgendwie zielführend? Falls sie das wirklich anfangs glaubte, dann hätte sie spätestens im Sommer 2021 vom Gegenteil überzeugt sein müssen. Denn damals enthüllten auch große Mainstreammedien, dass beispielsweise die Intensivstationen nie überlastet waren und der PCR-Test nicht in der Lage sei, ein Infektionsgeschehen abzubilden.

Selbstverständlich führte diese Aufklärung weder zu einem politischen Kurswechsel, noch zu einem „Aufwachen“ der Menschen.

Sie muss sich doch angesichts dieses Umstandes irgendwann gefragt haben, was sie mit ihrem Format bewirken kann, welches zudem nur in der eigenen Bubble überhaupt registriert wird, also nur jene Menschen erreicht, die gar nicht mehr „aufgeklärt“ werden müssen.

Welche Funktion soll ein Format haben, das hauptsächlich oder ausschließlich Zuschauer erreicht, die sich durch die Sendungen lediglich in ihrer Haltung bestätigt fühlen und die dann bisweilen mit solch dummen Reichsbürger-Parolen, wie „wer wählt, legetimiert das System“ konfrontiert werden?

Cui bono? Wem dient es? Wenn man politisch Unzufriedene von der Wahlurne fern hält, sicher nicht denen, die sich eine politische Kehrtwende wünschen.

Dass der Corona-Ausschuss nicht nur in meinen Augen ziemlich nah an den Reichsbürgern ist und Reichsbürger zu seinen Haupt-Konsumenten gehören, geht nicht nur aus diversen Kommentaren unter den Sitzungen hervor, sondern auch aus einigen Zeugenaussagen im Fuellmich-Prozess. Es war möglicherweise nicht von Anfang an die Zielgruppe, aber so ein Klientel wird automatisch angezogen, wenn man NUR die Probleme aufzeigt, keine friedliche Lösung (Systemparteien durch die Wahl neuer Parteien ersetzen) anbietet und das gesamte System, samt des Parteiensystems pauschal ablehnt.

Somit dient der Corona-Ausschuss letztlich der Gegenseite.

Mir ist nicht ganz klar, ob sich Viviane Fischer dieses Umstands vollumfänglich bewusst ist. Allerdings hatte ich sie in der Vergangenheit bereits mehrfach darauf hingewiesen und sie (teils in persönlichen Gesprächen, teils öffentlich) gebeten, das Format zu ändern und nicht länger den nächsten Skandal gegen Spenden einzutauschen, sondern sinnvolle Projekte zu unterstützen und das benötigte Geld durch Merchverkauf oder auf anderem Weg zu erlangen.

Und obwohl sie sich anfangs offen bis begeistert dafür zeigte, offenbarte sich spätestens im Mai 2023, dass sie nichts an ihrem Konzept ändern würde.

Inzwischen ist der Corona-Ausschuss auch nicht mehr interessant, um gemeinnützige Hilfsprojekte mit seiner Reichweite zu fördern, denn es hat selber kaum mehr Reichweite.

Das Zerwürfnis zwischen Viviane Fischer und Reiner Fuellmich hat dem Ausschuss viele treue Follower gekostet. Und auch wenn die Followerzahlen bei Telegram nach langem Sinkflug urplötzlich sprunghaft wieder angestiegen sind, so deutet das für mich nicht auf eine wirkliche Erholung, sondern eher auf eine Fehlinvestition hin.

Um es kurz zu machen: Der Corona-Ausschuss hätte durch Viviane Fischer viel Gutes tun können. Es blieb aber leider bei dem, in den alternativen Medien weit verbreiteten Konstrukt „Spenden gegen Skandale oder Mitempörung“.

Dass so viele Menschen das immer noch nicht durchschaut haben, ist mehr, als nur bedauerlich.

Inzwischen muss ich meine Einschätzung hinsichtlich des baldigen Endes des Ausschusses korrigieren. Da Fischer finanziell nicht auf den Ausschuss angewiesen ist, kann sie ihn theoretisch noch Jahrzehnte lang betreiben. Seine Qualität wird freilich immer davon abhängen, ob sie jemanden findet, der wichtige Aufgaben übernimmt. Blöd ist dann nur, wenn er dann – nachdem er diese Aufgaben in Rechnung gestellt hat – angesehen wird wie ein Erbschleicher, der es auf das heilige Vermögen der Oma (also die Spenden) abgesehen hat.

Dass dies auch früher schon von Fischer selektiv so gehandhabt wurde, geht ebenfalls aus den Zeugenaussagen hervor.

Nun denn… soll der Ausschuss denn dereinst seine 1000. Sitzung vor seinem letzten Zuschauer präsentieren.

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