Prozessbeobachtung OLG Stuttgart. „Reichsbürgerprozess“ 20.01.2025

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OLG Stuttgart 20.01.2025

46. Verhandlungstag

Die Sitzung beginnt pünktlich mit drei Zuschauern und einem Pressevertreter. Es wird immer noch Markus H. (MH) befragt – heute vom Senat. Der will wissen, wann er Marco v.H. (MvH) kennengelernt habe – das war beim „Vaterländischen Hilfsdienst“ (VHD).
Im Büro von Prinz R. (PR) in Frankfurt wurde im Ordner „Ideologie“ ein Gesetzentwurf zur „Reaktivierung Deutschlands im Kriegsrecht“ gefunden. MvH hatte MH angeblich beauftragt, diesen auszuarbeiten (Anm.: In Frankfurt wurde beantragt, den Ordner „Ideologie“ nicht als Beweismittel zuzulassen, da er in einer Bürogemeinschaft aufgefunden wurde und daher nicht eindeutig PR zuzuordnen sei. In Stuttgart stört sich kein Anwalt oder Angeklagter daran).
Neben diesem Gesetzentwurf wurde in diesem Ordner eine „Eidesstattliche Versicherung“ von MH gefunden, in der er seine Bedenken und Vermutungen hinsichtlich der Unredlichkeit von MvH und Rüdiger v.P. (RvP) festgehalten hatte.
Er erläutert, dass ihm diese Erklärung bei einem Besuch von Harald P. und Thomas M. im Schwarzwald zur Unterzeichnung vorgelegt wurde.
Es geht darum hauptsächlich um die Verschwiegenheitserklärungen und es ist von einem Geschäftsmodell die Rede, das angeblich RvP entwickelt habe.
MH habe auch hierzu Matthias H. „ausgehorcht“.
Dann wird ihm das Treffen in einer bayerischen Gaststätte mit PR, Christian W., Thomas M., Thomas T., Ralf Sch. und Harald P. vorgespielt. Das Gespräch der Aufzeichnung ist sehr schwer zu verstehen und der Vorsitzende beherzigt den Rat des Angeklagten Wolfram S., die Audiodatei in „Mono“ abzuspielen. (Anm.: Danke, Wolfram!). Er soll einzelne Stimmen den Anwesenden zuordnen. Inhaltlich geht es um die Bedenken gegen MvH und RvP.
PR habe die Vorwürfe gesammelt, um sie eventuell mit einem Rechtsbeistand zu erörtern. PR spricht über einen „Geldfluss“ aus München und Berlin in Höhe von 160.000,- Euro. Er selbst habe Maximilian E. 50.000,- Euro gegeben, die seien wohl futsch, sagt ein Teilnehmer. Thomas T. spricht über eine „Besetzung“ von MvH, die jemand ausgependelt habe. Dabei sei derjenige ins Schwitzen gekommen. Auch die enge Verbindung von RvP zu seiner Schwester wurde thematisiert, die ihn stark beeinflussen würde.
MH schlägt PR vor, sich auch mit den „Germaniten“ und „Germanischen Dörfern“ zu beschäftigen. Da PR ihn fragt, ob die sich als „Benzinkanister“ eignen würden, belässt es MH dabei.

Im März 2022 lernte MH auf einer Demo in Kehl/Straßburg Maximilian E. kennen. Er ist Gastredner und MH holt ihn vom Bahnhof ab. Maximilian E. ist vor allem an einem Kontakt mit MvH interessiert und bittet ihn, den Kontakt herzustellen. Maximilian E. schickt ihm noch weitere Nachrichten zu, die ihm der Senat vorhält. Es geht um die „kleine und die große Lösung“, die Lösung mit dem „Goldrand“. MH habe nur „Bahnhof“ verstanden. Er nimmt Kontakt mit MvH auf, um ihm dies auszurichten, der wirkte aber nicht interessiert an einem Treffen mit Maximilian E.

Es werden ihm noch weitere Textnachrichten vorgehalten, die sich ums „Aufräumen“ drehen – dazu versichert er, dass es nur um das Aufräumen in militärischen Untergrundanlagen gegangen wäre. Die angesprochenen Verhaftungen hätten von der Allianz erledigt werden sollen. Sein Luftgewehr hätte er zur Selbstverteidigung bei Plünderungen angeschafft.

Tim Paul G. (Anm.: Angeklagt in München) besuchte ihn im September 2022 wegen einer juristischen Beratung zu Problemen mit dem Schulamt und dem Finanzamt. Mittagspause bis 13.30 Uhr.

Nun erfolgt die Befragung durch die Staatsanwaltschaft. Es geht um Autokennzeichen und Aufkleber mit der Buchstabenkombination „ADR“.
„Allianz Deutsches Reich“ käme in Frage, Richter Holzhausen weist aber darauf hin, nicht zu spekulieren. Oberstaatsanwalt K. möchte wissen, ob es eine Aussage von RvP hinsichtlich des Sturms auf den Reichstag gegeben habe. MH verneint, RvP habe lediglich gemeint, er würde „am liebsten in den Bundestag stürmen und aufräumen“ – im Sinne einer Unmutsäußerung, nicht im Sinne eines Plans.

Der anwesende psychiatrische Gutachter interessiert sich dafür, wie oft und wie intensiv MvH spirituelle Themen bei Treffen eingebracht habe. Habe er zum Thema „Reinkarnation“ missioniert? MvH: „Nein, er hat seine Meinung dazu geäußert, die Reinkarnation als Bestandteil des Buddhismus.“ Aufgrund der Corona-Krise habe es auf Treffen viele spirituelle Gespräche gegeben – auf der Suche nach Krisenbewältigung.
Der Gutachter will wissen, wie intensiv, mit wieviel Herzblut sich MvH den Themen QAnon, DUMBS und Adrenochrom gewidmet habe.
Gegenüber MH habe MvH angegeben, Oberleutnant bei der KSK gewesen zu sein und nun Verbindungsmann zur Allianz. Eine entsprechende Uniformjacke mit diesen Abzeichen habe er bei MvH gesehen. Der Gutachter fragt, ob MH sich nicht gewundert habe, dass die Allianz nur mit einem Oberleutnant anstatt mit einem General Kontakt suche. MH: „Nein, vielleicht hat die Bundeswehr einfach keine Leute mehr…!“
Nun ist das Fragerecht bei den Anwälten, die nacheinander darauf verzichten (Anm.: Im Fall der Vertreter von Matthias H. wundere ich mich wiederholt, da diesmal beide Anwälte bei den Ausführungen von MH vermutlich tief geschlafen haben!).
Die Rechtsanwälte Meyer und Mohne (für MvH) benötigen 45 Minuten Pause, um ihre Fragen vorab noch mit ihrem Mandanten zu besprechen.
RA Meyer befragt MH noch zur Terminierung von zwei Treffen, wo Widersprüche aufgetaucht sind.
RAin Mohne befragt MH nach den Umständen seiner Verhaftung. „Zum Glück habe ich nachts den Schlüssel außen stecken gelassen, sodass die Tür nicht gesprengt wurde. Direkt hinter der Tür hat mein kleiner Sohn gespielt. Es gab lautes Gebrüll. Ich habe einen Hund ins Badezimmer geschmissen, meine Frau hielt den zweiten Hund, da ihr gedroht wurde, der Hund würde erschossen werden. Ich nahm meinen kleinen traumatisierten Sohn auf den Arm, eine Tochter hat gezittert wie Espenlaub, die andere Tochter hat sich im Bett verkrochen.“

Es folgt eine Audiodatei mit einem 30minütigem Gespräch zwischen PR und Thomas T. vom 26.6.2022. Die Themen sind Patrioten, Souveränität, Proklamation und die Veranstaltung vom Vortag im Schloß des PR in Bad Lobenstein. PR soll Treuhänder für die deutschen Goldreserven werden. Angeblich hat die Wilhelm II vor dem 1. Weltkrieg zur Sicherung nach Rußland gebracht. Die Bolschewiki hätten diese dann an die USA ausgeliefert. Thomas T. warnt PR vor der Gefahr, die ihn als Treuhänder erwarten würde. Er fordert PR auf, ein Porträt seines Urgroßvaters zu betrachten und dann ihm in die Augen zu schauen, er würde dann was erkennen. Thomas T. und Melanie R. wären Teil eines wichtigen Schwingkreises für PR, Hilde gehöre nicht zu diesem Schwingkreis. Die Zusammensetzung des Rats wird diskutiert. Thomas T. und PR reden positiv über RvP, es wäre wichtig, dass er dabei ist, da er klar und strukturiert sei. Er hatte von den „Medbetten“ erzählt und habe Thoms T. geraten, sich nicht operieren zu lassen, sondern auf das „Medbett“ zu warten. Die Mitglieder der Gruppe und Familienangehörige würden darin vorrangig behandelt.
Danach folgt ein 30-minütiges Gespräch Telefongespräch mit einem Vertrauten von PR, hessischer Akzent und Arzt. Die Themen sind Demokratie und die Unzufriedenheit mit der aktuellen Situation. PR verwendet einige drastische Ausdrücke -wie z.B. „plätten“ (Anm.: Ich denke, darum wurde diese Audiodatei eingeführt, es gilt zu klären, ob es nicht einfach nur Unmutsäußerungen waren). Man verabredet sich zum Essen beim Italiener, um auch über Elena zu sprechen.
Die Vernehmung der Zeugin Mirka W. ist für den 22.01.2025 geplant. Die Sitzung wird um 16.30 Uhr geschlossen.

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