Reichweite – eine echte Währung, auf die wir besser achten müssen

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Reichweite – eine echte Währung, auf die wir besser achten müssen

Wenn man Menschen fragt, was eine Währung ist, dann antworten sie zumeist: Euro, Dollar, Rubel, Yen etc. Manche fügen dann noch Kryptowährungen, wie Bitcoin oder Monero hinzu. Heute möchte ich Dir aber eine viel geläufigere Währung vorstellen, an die fast niemand denkt und die Du garantiert schon in rauhen Mengen verschenkt hast, ohne Dir im Klaren darüber zu sein, DASS Du sie verschenkt hast.

Die Rede ist von Reichweite.

Reichweite ist eine echte Währung. Sie wird geschöpft und kann in andere Währungen umgetauscht werden. Geschöpft wird sie durch Empfehlungen vieler Individuen. Früher nannte man das Akquisition oder (bei Sekten) Missionierung. Heute nennt man diese Arbeit zumeist „Teilen“. Indem man die Beiträge bestimmter Personen oder Gruppierungen (seien sie nun in Textform, in Videoform oder in einer anderen Form) teilt und somit weitere Menschen veranlasst, diese zu betrachten, verschafft man dem Sender dieser Beiträge Reichweite.

Der Empfänger dieser Reichweite kann diese nun in jede andere Währung umtauschen. Wie das geht, kennst Du sicher; nämlich beispielsweise, indem er um Spenden bittet oder zwischen seine Information Werbung streut, für die er bezahlt wird. Wenn er den Währungsumtausch durch Spendenaufruf vornimmt, ist das nichts anderes, als wenn in einer Kirche der Klingelbeutel umgeht.

Der eigentliche Grund, warum ich diesen Artikel schreibe ist, dass wir in der Vergangenheit immer wieder den Fehler gemacht haben, unsere Reichweite solchen Menschen anzuvertrauen, die sie im Anschluss nur für sich selber genutzt haben. Selten bis gar nicht kam etwas davon wieder zu jenen zurück, die diese Reichweite verschenkt haben.

Um herauszufinden, WARUM wir überhaupt Reichweite verschenken und WAS wir uns EIGENTLICH davon erhoffen, müssen wir zunächst einmal herausfinden, wie wir Menschen ticken. Wir Menschen sind Herdentiere und als solche suchen wir uns immer (grundsätzlich immer) Anführer. Das sind Leute, denen wir unser Vertrauen schenken und von denen wir uns erhoffen, dass sie uns unseren Überzeugungen, Wünschen und Zielen näher bringen.

Dieser sogenannte „Herdeninstinkt“ ist übrigens nicht meine Meinung und es ist nichts, woran Du glauben musst. Es handelt sich um eine unbestreitbare Tatsache, die Du sofort erkennst, wenn Du Dich einmal umschaust. Keine Sekte, keine Vereinigung irgendeiner Art würde ohne diesen Urinstinkt funktionieren. Auch die Politik würde in ihrer jetzigen Form nicht ohne diesen Herdeninstinkt funktionieren, denn Politiker sind nichts anderes, als solche Anführer, die ihre Reichweite initial durch eine Wahl erhalten.

Sobald sich eine Gruppe von der großen Gruppe abspaltet, weil sie beispielsweise deren Ziele nicht mitverfolgen will, sucht sich diese kleine, abgespaltene Gruppe wieder eigene Anführer. Gleichzeitig begibt sich sich auf Missionierungstour und verbreitet die Kunde dieser Anführer. Das ist so lange gut, wie diese Anführer im Sinne der Gruppe handeln. Es ist aber schlecht, wenn sie die Reichweite, die sie von der Gruppe erhalten haben, nur für ihre eigenen Interessen missbrauchen. In der Politik beobachten wir das nahezu täglich. Politiker missbrauchen nicht nur ihre Macht, sondern sie verkaufen ihre Reichweite auch an den Meistbietenden.

Und weil das so ist, müssen wir aufpassen, wem wir Reichweite zur Verfügung stellen bzw. wie diese Reichweite genutzt wird. Wird sie lediglich zum Senden allgemeiner Informationen genutzt (man nennt das dann auch Aufklärung), ist das in dem Moment schlecht, wo feststeht, dass mit Aufklärung die Kuh nicht vom Eis zu bekommen ist. Dass Aufklärung alleine bei Weitem nicht ausreicht, wird sofort klar, wenn man den Herdeninstinkt kennt. Die Herde folgt nämlich nicht aus rationalen Gründen. Somit kann man sie mit rationalen Argumenten auch nicht davon abhalten, ihren Anführern zu folgen.

Es ist vor allen Dingen Koordination, die von einem Anführer erwartet wird. So hat es die Natur auch vorgesehen, denn der innere Drang, sich einem Anführer anzuschließen, dient eigentlich dazu, eine Gruppe in die Lage zu versetzen, schnell und koordiniert (als Ganzes) zu handeln.

Es ist auch nicht verkehrt, die Währung Reichweite an die Gruppe zurück zu geben und auf diese Weise der gesamten Gruppe mehr Gehör zu verschaffen. Das wäre sogar der Beginn echter Basisdemokratie, doch wie die Gruppe einem inneren Zwang folgt, ihren Anführern Reichweite zu verschaffen, so folgen Anführer einem, fast ebenso starken Zwang, diese Reichweite lieber für sich zu behalten. Das wiederum hat eine gewisse Abhängigkeit zufolge, die den Anführern Macht verleiht.

So weit noch nicht wirklich tragisch. Schlimm wird es aber, wenn die Interessen der Anführer andere sind, als die Interessen der Gruppe. Derartige Konstellationen finden wir nicht nur in der Politik; wir finden sie auch bei Religionen und in fast jedem Verein.

Die Auswirkungen eines solchen Missverhältnisses kann man gar nicht dramatisch genug beschreiben und wir werden erst weiter kommen, wenn wir dieses Problem gelöst haben.

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