Fuellmich-Prozess – Transkript des 38. Prozesstages. Teil 7
Ich habe mir die allergrößte Mühe gegeben, es so leicht lesbar wie möglich zur Verfügung zu stellen. Anmerkungen meinerseits habe ich farbig abgesetzt.
Von allen „Prozessbeobachtern“ gibt einzig Nicole Wolf den Prozess neutral und weitgehend vollständig wider. Vielen Dank dafür an dieser Stelle.
Wörmer kommentiert fragend, woher die lange Haftstrafe kommen solle, im Vergleich mit dem Notar, dessen Strafverfahren eingestellt wurde.
Es ist 14:28.
Wörmer fährt fort mit dem Thema der Folter und kündigt an, zu den speziellen Umständen der Haft ihres Mandanten vorzutragen. Für ihn gehe es von Tag zu Tag schlechter. Am 7.11.24 habe er geäußert, dass sich sein Gesundheitszustand erheblich verschlechtert habe. Vor Haftantritt sei er gesund gewesen. Mittlerweile bekomme er täglich eine Blutdrucktablette, habe Schlafstörungen, leide unter Albträumen, sei schlapp, depressiv und körperlich angeschlagen. Ihm fehlten menschliche Kontakte, er habe so gut wie keine Bewegung und werde drangsaliert. Er solle durch einen Arzt seines Vertrauens untersucht werden. Seine Haftbedingungen seien katastrophal.
Seit dem 10.6.24 sei er in Isolationshaft mit erzwungenem Bewegungsmangel, fehlendem Sonnenlicht, ohne Substitution und schlechter Nährstoffversorgung durch minderwertige Lebensmittel. Auch hierfür gebe es keine Substitution. Der 12-monatige Dauerstress, die Einschränkung seiner Verteidigungsmöglichkeiten, Demütigungen, Entkleidungen, Überprüfungen von Körperöffnungen und Fesselungen an Füßen und Händen sowie Hände an einen Bauchgurt führten dazu, dass er keine Möglichkeit habe, sich abzufangen.
„Warum“, so Wörmer, „ist so etwas bei einem Wirtschaftsdelikt möglich?“ Hinzu kämen die Angstszenarien um Schüsse in seine Zelle sowie die unmenschliche Behandlung. Er habe nicht an das Sterbebett seiner Mutter gedurft, und auch jetzt sei sein mündlicher Antrag, bei der Beisetzung seiner Mutter dabei zu sein, abgelehnt worden.
Fuellmich hakt ein: Er habe den Antrag schriftlich gestellt. Die JVA habe dies abgelehnt, weil es zu aufwendig wäre.
Wörmer fährt fort mit den speziellen Umständen der Haft ihres Mandanten. Hinzu kämen das Miterleben von Gewaltszenarien als Abschreckung, folterartige Gewalt in Hör- und Sichtweite des Angeklagten, Randale durch den unmittelbaren Zellennachbarn, Psychoterror durch Justizmitarbeiter sowie selbstwertzersetzende Maßnahmen. All das führe zu schweren gesundheitlichen Schäden. Wörmer listet weiteres auf, was nicht mitgeschrieben wurde. Am Ende verweist sie auf das Diagramm des Zwanges von Biedermann:
„Als unbescholtener, vitaler Mann von 66 Jahren sei er in Haft gekommen. Sein Alter wirke sich selbstverständlich auf seinen Zustand aus. Das sei etwas anderes, als wenn ein junger Mann in Haft kommt.“
Zum Thema der Beisetzung seiner Mutter verliest Wörmer den Antrag Pohls vom 13.11.24 an die JVA. Er habe am 3.9.24 von ihrem Tod erfahren. Wörmer unterbricht kurz und erwähnt, dass der Vorsitzende hierauf sofort den nächsten Verhandlungstermin absagte und ihm sein Beileid aussprach. Sie verliest weiter:
Am 7.11.24 sei der Antrag Fuellmichs, zur Beisetzung seiner Mutter ausgeführt zu werden, mündlich abgelehnt worden, da dies ein zu großer Aufwand sei. Die Teilnahme an der Beerdigung sei jedoch grundrechtlich geschützt und diene der Abschiednahme und Trauerbewältigung. Wenn keine ganz konkreten Gründe gegen eine Teilnahme vorlägen, müsse dem stattgegeben werden. Es könne nicht pauschal abgelehnt werden.
Fuellmich habe im Verlauf der Untersuchungshaft deutlich gemacht, dass keine Fluchtgefahr von ihm ausgehe und dass er sich dem Verfahren stelle. Es wird auf entsprechende Rechtsprechung verwiesen, welche nicht im Detail mitgeschrieben wurde.
Wörmer bittet um 5 Minuten Pause.
Es ist 14:45.
Um 14:53 kündigt Wörmer die Verlesung und Erklärung der Rechtsauffassung der Verteidigung vom 30.7.24 zur Haftfortdauerentscheidung an.
Anmerkung der Autorin: Der vorhin erwähnte Haftfortdauerbeschluss war vom 30.8.24. Womöglich reagierte die Verteidigung mit dieser Erklärung auf frühere Beschlüsse.
Schließlich erklärte die Verteidigung, sie habe etliche Haftprüfungsanträge gestellt. Ende der Anmerkung.
Erstens: Zur Annahme, dass die Darlehensverträge Treuhandverträge seien. Dies würde aus den Zeugenaussagen und dem Chat vom Juli 22 abgeleitet. Fuellmich habe dies nicht bestätigt. Es handle sich um Darlehensverträge. Es müsse geprüft werden, ob die Angaben der Zeugin Viviane Fischer stimmig sind. Dagegen spräche Folgendes:
Es lägen drei Darlehensverträge vor. Diese seien von Viviane Fischer und Fuellmich unterschrieben worden. Die Verträge würden alle Bestandteile eines Darlehensvertrages enthalten. Das Abstellen auf einen objektiven Dritten sei nur dann vonnöten, wenn Unstimmigkeiten vorlägen. Dies sei hier nicht der Fall. Beide unterzeichnenden Parteien seien Volljuristen.
„Warum“, so Wörmer weiter, „unterzeichnet Viviane Fischer drei Darlehensverträge, wenn es Liquiditätsreserven sind? Kein Rechtsanwalt würde einen Vertrag unterschreiben, der falsch betitelt ist.“
Bezogen auf den Chatverkehr im Zeitraum von November 20 bis Juni 22 sei immer die Rede von Darlehensverträgen gewesen. Zu keinem Zeitpunkt innerhalb dieses Zeitraums sei von einer Liquiditätsreserve gesprochen worden. Der Begriff der Liquiditätsreserve sei erstmalig im Juli 22 aufgetaucht. Das spräche dafür, dass es sich um Darlehensverträge handele.
Ein weiterer Anhaltspunkt sei, dass Viviane Fischer die entnommenen Gelder selbst nicht liquide vorgehalten habe. Auch ihr Verhalten im Anschluss an die Auszahlung spräche dagegen. Ihre Aussage, es sei eine Liquiditätsreserve vereinbart worden, sei widerlegt. Sie habe schließlich dreimal ihre Unterschrift unter einen Darlehensvertrag gesetzt. Sie habe erst im Juli 22 von einer Liquiditätsreserve gesprochen. Sie habe selbst keine Liquiditätsreserve vorgehalten.
Zweitens: Aussagen von T. W. Dieser habe bestätigt, dass es sich um Darlehensverträge gehandelt habe. Er sei selbst Rechtsanwalt und habe die Auszahlung veranlasst. Die Auszahlung sei erst nach Vorlage der Darlehensverträge erfolgt.
T. W. habe gewusst, dass die Beträge in die Immobilie in Nikolausberg fließen und dass die Darlehen durch diese Immobilie in guter Lage abgesichert seien. Die Angaben von T. W. würden mit den schriftlichen Darlehensverträgen und dem Chatverkehr zwischen Fuellmich und Viviane Fischer bis Juni 22 übereinstimmen. Diese widersprächen den Aussagen von Viviane Fischer.
Drittens: Glaubwürdigkeit von Viviane Fischer. Die Kammer stütze ihre Würdigung einzig auf die Aussage von Viviane Fischer und den Chatverkehr von Juli 22. Nur Viviane Fischer spreche von Liquiditätsreserven. Sowohl die Unterlagen als auch die Aussagen von Fuellmich und T. W. belegten, es handele sich um Darlehensverträge.
Wenn das Gericht sich einzig auf die Aussage einer Zeugin berufe, dann müsse diese besonders glaubwürdig sein.
Weiter geht es in Teil 8. Ich bitte um etwas Geduld. Aufgrund der vorgezogenen Bundestagswahl und den Wahlvorbereitungen bleibt wenig Zeit für diesen Blog.