Meine persönliche Sicht auf den Fuellmich-Prozess

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Meine persönliche Sicht auf den Fuellmich-Prozess

Dies wird der wohl vorerst letzte Artikel zur causa Reiner Fuellmich werden. Durch den Rückzug der Prozessbeobachterin Nicole Wolf sind keine, auch nur halbwegs objektiven, Berichte über den Prozess zu bekommen. Schon gar keine vollständigen, aus denen vernunftbasierte Rückschlüsse möglich wären.

In diesem letzten Artikel will ich einmal meine ganz persönliche Sicht auf die Dinge abgeben. Ich kannte Reiner Fuellmich seit Oktober 2020 persönlich. Das war kurz vor seinem Eintritt in dieBasis. Vieles von dem, was ich heute über ihn denke, hat sich allerdings erst seit September 2022 ergeben; das meiste davon erst im Rahmen diverser Zeugenaussagen. So wusste ich beispielsweise nicht, dass er seine Sammelklage bereits seit April 2020 vorangetrieben hatte und dass dieses Unterfangen an den Coronamaßnahmen zu scheitern drohte. Mit diesem Wissen im Hinterkopf ist es relativ leicht, eins und eins zusammenzuzählen und zu unterstellen, der Corona-Ausschuss sei zunächst einmal nur dazu geplant worden, um Mandanten für die Sammelklage zu akquirieren, denn mit ihm erreichte Fuellmichs Sammelklageteam viel mehr Menschen, als durch Präsenzveranstaltungen. Zudem macht Fuellmich die Sammelklage im Rahmen des Ausschusses zu einem derartig präsenten Thema, dass ich zuerst annahm, die Sammelklage sei das erklärte Ziel des Ausschusses. Und mit dieser Annahme stand ich nicht alleine da.

Das alleine wäre ja nun nichts Verwerfliches, wenn die Sammelklage ein ehrliches Unterfangen im Sinne der Mandanten oder gar aller Deutschen gewesen wäre. Doch das war sie offensichtlich nicht. Wenn man weiß, dass Fuellmich zunächst einmal gar nicht als Vertragspartner in Erscheinung treten wollte und zudem weiß, dass er dringend Geld brauchte, um einen bereits gekündigten Kredit über 600.000 Euro abzulösen, kann man sich leicht vorstellen, wessen Interessen die Sammelklage eigentlich dienen sollte und dass Fuellmich ihr späteres Auffliegen auch durchaus einkalkuliert hatte. Warum sonst brauchte er einen Anwalt, der eigens als Vertragspartner auftrat? Ich bin mir sehr sicher, dass Fuellmich (als einzigem Anwalt in der Sammelklagerunde) wohl zumindest latent klar war, dass die Sache kein gutes Ende nehmen würde. Er wird davon ausgegangen sein, dass er die Mandanten über Monate hinweg wird vertrösten müssen, bis sie dann nach und nach ihre Gelder zurückfordern würden.

Ist das alles nur Hirngespinst, oder gibt es dafür auch Belege? Nunja, indem Fuellmich den Großteil der Sammelklage-Vorauszahlungen für die Ablösung seines Darlehens verwendete und das Geld somit weg war… er aber gleichzeitig behauptete, die 800 Euro Vorauszahlungen seinen für die Vorbereitung der Sammelklage unerlässlich… dann passt das nicht zusammen, oder? Also: Selbst wenn die Sammelklage selber hätte funktionieren können (Konjunktiv), so hätte Fuellmich das dazu benötigte Geld längst aufgebraucht. Die Sammelklage wäre also so oder so gescheitert.

Das spricht nicht gerade für einen ehrlichen Fuellmich, der aufrichtig bemüht war, sich für die Sammelkläger einzusetzen. Es spricht eher für einen Fuellmich, der mal schnell 600.000 Euro brauchte und den Leuten dafür erzählte, was sie hören wollten.

Doch warum machte Fuellmich dann mit dem Corona-Ausschuss weiter, nachdem er den Kredit abgelöst hatte?

Nun, es muss ja wohl einen Grund gegeben haben, warum er das Darlehen über 600.000 Euro überhaupt aufgenommen hatte und warum es dann gekündigt worden war. Ich bin mir sehr sehr sicher, dass es Fuellmich finanziell Anfang 2020 alles andere als gut ging. Mit der Sammelklage war er die Schulden bei der Warburgbank los. Seine Kanzlei lief aber noch immer nicht und der Lebensstandard war nicht mehr zu halten. Ein hoher Lebensstandard, der es ihm erlaubte, seine Konten bei Privatbanken zu führen. Höchstwahrscheinlich stammte das dafür benötigte Geld aus früheren Aktionen, wie seinem heldenmutigen Kampf gegen Anbieter von Schrottimmobilien (den seine Mandanten allerdings anders bewerteten). Diesen Lebensstandard wollte Fuellmich sich erhalten.

Zeitgleich entpuppte sich der Corona-Ausschuss als wahrer Goldesel. Also erfand Fuellmich die Geschichte von seiner überlasteten Kanzlei, die nicht mehr als Kanzlei arbeiten könne und finanzierte sich, die Kanzlei und sämtliche Angestellte einfach mit Spendengeldern. Schon war er den Druck los, als Anwalt erfolgreich sein zu müssen. Es reichte, wenn er ein Mal in der Woche den großen Anwalt vor der Kamera des Corona-Ausschusses spielte.

Das reichte ihm aber noch nicht. Und so erfand er die Gefahr möglicher Pfändungen. Er überredete Viviane Fischer, die nach einer Einnahmequelle suchte, sich ein Darlehen auszahlen zu lassen, um das Geld in Sicherheit zu bringen. Er selber gönnte sich ein Darlehen über 700.000 Euro. Das Perfide daran ist die langfristige Planung. Er wusste, dass der Schwindel irgendwann auffliegen würde, wenn es zur Rückforderung käme. Dann aber wollte er Viviane Fischer im gleichen Boot sitzen sehen, damit sie die Füße stillhalten müsste. Sie (das wiederholte er unablässig vor Gericht) sei genauso schuldig wie er, denn sie hatte auch in die Kasse gegriffen. Das hätte auch funktioniert, wenn Fischer wirklich auf das Geld angewiesen gewesen und es komplett unwiederbringlich verbraucht hätte. Dass sie aber eigentlich finanziell abgesichert war, war die Variable in der Gleichung, die Fuellmich übersehen hatte. Und so brach sein Kartenhaus im September 2022 zusammen. Dadurch war Fischer in der Lage, die Füße eben nicht stillzuhalten, sondern vielmehr ihre eigenen Bemühungen der Rückführung nachzuweisen.

Nun erfand Fuellmich das „Parken“ des Geldes in seiner Immobilie. Tatsächlich hatte er es ausgegeben, und zwar um sich damit Luxusgüter, wie einen Pool, eine Sauna etc. zu leisten, Scheidungskosten zu begleichen und diverse ältere Schulden zu tilgen. Auch wusste er, dass seine Immobilie eigentlich durch die Grundschuld bei Templin belastet war. Er wusste aber auch, dass diese sie nicht hatte eintragen lassen. Doch eine Schuld verschwindet nicht, nur weil sie nicht verbrieft ist.

Fuellmich hatte zwei Jahre gelebt wie die Made im Speck, und zwar auf Kosten von Spendern, die sich oftmals nicht einmal die Heizung mehr leisten konnten. Das ist nicht nur ein bisschen Bäh, das ist widerwärtig!

Fuellmich dachte überhaupt nicht daran, irgendeines dieser „Darlehen“ jemals wieder zurückzuzahlen. Das wird z. B. deutlich, wenn er die Sammelklagemandanten überredet, ihre Mandate auf ihn zu übertragen. Warum trat er nicht gleich als Vertragspartner auf? Gleichzeitig setzte er sich nach Mexiko ab und ließ verlautbaren, die Sammelklage sei ja schon gelaufen. Zwar nicht ganz so, wie man sich das vorgestellt hatte und schon gar nicht erfolgreich, aber – hey – schaut doch mal in euren Vertrag. Der ist erfüllt. Kohle ist weg! Wer das anders sieht, kann ja gerne in Mexiko klagen.

Beim 700.000 Euro-Darlehen erklärte er, er habe jetzt einen eigenen Nachfolger des Ausschusses gegründet und würde das Darlehen dorthin zurückzahlen. Also… an sich selber.

Und wofür würde er das Geld dann brauchen? Um sich ein Mal in der Woche zu Hause in Mexiko vor die Kamera zu setzen und ein paar Interviews durchzuführen?

Fuellmichs Verteidiger vergleichen seinen Fall gerne mit anderen Fällen, wie dem Fall eines ehemaligen Notars. Dabei werden häufig die Schadenssummen miteinander vergleichen. Sie finden es unfair, dass jemand, der den gleichen Schaden angerichtet hat, nicht ins Gefängnis musste. Tatsächlich wird dabei die kriminelle, kaltblütige Energie vergessen, die Fuellmich zur Planung seiner „Masche“ an den Tag legte und die Vielzahl der Geschädigten. Fuellmich schreckte nicht einmal davor zurück, andere mitzukriminalisieren, um selber nicht geschnappt zu werden. Das erinnert eher an einen Bernie Madoff und der hatte 150 Jahre Knast bekommen.

Wie kommt es eigentlich, dass so viele dennoch den guten Menschen in Reiner Fuellmich sehen? Sind die alle grenzenlos naiv?

Einige wohl schon, aber die werden auch gezielt mit Halbinformationen gefüttert; vor allen Dingen mit solchen, über die sie sich empören sollen. Empörung ist immer gut.

Es gab zu Fuellmichs Vorstandszeit bei der Basis einige seiner Vorstandskollegen, die sehr eng mit ihm zusammenarbeiteten. Sie unterstützten ihn nicht nur im Vorstand, sondern tauchten hinterher auch bei seinem Ausschuss-Nachfolger ICIC wieder auf. Geschäftliche Verbindungen und somit geschäftliche Interessen sind also zumindest einmal nicht ausgeschlossen.

Als Fuellmich dann Ende 2023 inhaftiert wurde, überfluteten 4 Parteimitglieder die internen und externen Kommunikationskanäle der Partei mit allerlei Lobhudelei auf Fuellmich und Empörung über seine Verhaftung. Zunächst versuchten die Vorstände, dies einzudämmen, da es den Informationsaustausch behinderte. Doch die Flutung ging weiter und fand unter dem Deckmantel der freien Meinungsäußerung statt. Später schlossen sich auch Gegner der Vorstände dieser Gruppierung an, weil sie darin eine Chance sahen, gegen eben diese Vorstände opponieren zu können. Ihnen schlossen sich dann die Naiven an, die angesichts der gestreuten Halb- und Missinformationen meinten, das alles sei doch eine riesige, politische Verschwörung.

Außerhalb der Partei wurde Fuellmich zunächst hauptsächlich von denen unterstützt, die mit dieser Unterstützung ihre eigene Reichweite ausbauen konnten, also selber am meisten profitierten. Das gipfelte sogar teilweise darin, dass man unter dem Deckmantel der Unterstützung mehrere Skandale provozierte, die Fuellmich zum Nachteil gereichten.

1 KOMMENTAR

  1. Stellen Sie sich vor, Sie hätten gespendet und Ihre ganze Hoffnung in Füllmich gesetzt. Das loszulassen und einzusehen, dass beides eine Fehlinvestition gewesen ist, stellt eine gewaltige narzisstische Kränkung dar. So greifen viele dankbar nach den abenteuerlichsten Begründungen, um sich nicht eingestehen zu müssen das sie betrogen worden sind. Andere, mehr finanziell Orientierte, sind der Meinung, man müsse ihn freilassen, damit er sie endlich retten kann wie versprochen ..

    Die Verhaftung ist das Beste, was Füllmich passieren konnte, denn: nun KANN er ja nicht liefern, ist objektiv gehindert … aus politischen Gründen freilich, versteht sich, weil ER ja längst aufgeräumt hätte…. die Bösen zittern alle vor ihm. Super-Narrativ.

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