Sorgenkind Demokratie – was wir ändern müssten, damit Demokratie wirklich funktioniert

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Sorgenkind Demokratie – was wir ändern müssten, damit Demokratie wirklich funktioniert.

Demokratie ist die jüngste aller Staatsformen, wenn wir einmal von der Athener Demokratie absehen, die wir heute sicherlich nicht mehr als besonders demokratisch bezeichnen würden. Die erste funktionierende Demokratie wurde erst 1870 nach dem Sturz Napoleons III. in Frankreich eingeführt. Vorausgegangen war eine Revolution und der blutige Sturz der Monarchie, sowie eines Großteils des Adels.

Die Idee dahinter: Das Volk selber sollte fortan seinen Regenten aus den eigenen Reihen wählen, und zwar in freien und geheimen Wahlen.

Bis heute halten nahezu alle westlichen und auch viele anderen Staaten an diesem Konzept fest. Doch können wir beinahe zusehen, wie diese Staatsform, die doch die gerechteste und klügster aller Staatsformen zu sein scheint, diese Staaten langsam zugrunde richtet.

Wie kann das sein?

Ich bin seit den frühen 90er Jahren ein glühender Verfechter einer sehr weitreichenden Form der Demokratie, die man auch als direkte oder Basisdemokratie bezeichnet. Für mich ging die repräsentative Demokratie, die wir seit der Gründung der Bundesrepublik betreiben, nicht weit genug. Einmal alle vier Jahre nur ein paar Repräsentanten wählen zu können, auf deren Geschick und Fähigkeiten man dann vier Jahre lang lediglich hoffen kann, schien mir nicht ausreichend.

Es war wie eine Fügung des Schicksals, dass sich seinerzeit aus der Partei Widerstand2020 dieBasis gründete, zu deren wichtigsten Grundsätzen eben jene Basisdemokratie gehört.

Doch die Coronazeit ab 2020 öffnete mir auch in vielerlei anderen Dingen die Augen. Tatsachen, die ich zwar einmal gelernt, dann aber verdrängt hatte, bewahrheiteten sich auf schreckliche Weise.

Die Gruppe ist nicht mit einem Individuum zu vergleichen

Zunächst einmal muss man wissen, dass sich soziale Gruppen grundsätzlich anders verhalten, als einzelne Individuen. Sie agieren weder logisch noch moralisch oder gar weise. In sozialen Gruppen stößt die klassische Psychologie an ihre Grenzen. Warum eine Gruppe so handelt, wie sie handelt, lässt sich weder mathematisch berechnen noch irgendwie sonst (schon gar nicht mit den Mitteln der Ratio) nachvollziehen.

Wenn Gruppen also nicht logisch agieren – was bestimmt dann ihre Zielrichtung?

Gruppen folgen immer Anführern. Sie alleine bestimmen, in welche Richtung sich eine Gruppe bewegt, was sie tut und – ja – sogar, woran sie glaubt. Dieses Verhalten ist uns angeboren. Als Herdentiere haben wir Menschen und unsere Vorgänger über Jahrhunderttausende ihr Überleben dadurch gesichert, dass sie sich zu Gruppen zusammenschlossen, sich nahtlos in diese Gruppen einfügten und einem Alphatier folgten. Nur auf diese Weise konnte eine Gruppe homogen, und somit zielgerichtet, agieren. Ohne Anführer hätte jedes Gruppenmitglied gerade das getan, was es für richtig hielt und somit beispielsweise jeden Jagderfolg zunichtegemacht.

Dieses Gruppenverhalten ist tief in unseren Genen verankert und selbst wenn wir es wollten – wir können ihm nicht widerstehen.

Zu sehen war dieses Verhalten sehr gut während der Coronazeit, wo sich Millionen unreflektiert den Vorgaben anschlossen, die die Medien von vermeintlichen „Anführern“ verkündeten.

Das Problem der Medien war mir allerdings vorher schon bekannt. Das, was wir heute als Nachrichtenmedien bezeichnen, war quasi zusammen mit der Demokratie entstanden. Und so hatten die Bürger plötzlich nicht nur die Möglichkeit, frei einen Regenten zu wählen, sondern sie waren auch einem Instrument ausgesetzt, das ihre Wahlentscheidungen beeinflusste.

Die Lösung war für mich lange Zeit klar: Man muss einfach nur die Medien reformieren. Dann wären die Entscheidungen der Bürger unbeeinflusst und würden sich in weisen Wahlergebnissen niederschlagen.

Es traf mich wie ein Schlag, als ich erkannte, was passiert, wenn die Medien ihre manipulative Macht verlieren. Ab dem Jahr 2020 spaltete sich eine sehr große Bevölkerungsgruppe vom Rest der Bevölkerung ab und erklärte die Medien (zurecht) zu Fake-News-Verbreitern. Diese Menschen glaubten fortan kein einziges Wort mehr von dem, was ihnen ARD, ZDF, RTL, Die Zeit, Die Welt, die Süddeutsche Zeitung etc. präsentierten. Doch zu meinem allergrößten Entsetzen, befreiten sie sich nicht einfach nur von den sogenannten Mainstreammedien, sondern banden sich fast im gleichen Atemzug an neue Medien, die teilweise erst in den Coronajahren gegründet wurden oder zu dieser Zeit einen massiven Aufschwung erlebten.

Aus Klaus Kleber wurde Bodo Schiffmann, aus Karen Miosga wurde Ralf Ludwig, aus Anne Will wurde Michael Ballweg, aus Markus Lanz wurde Boris Reitschuster, aus der Tagesschau wurde Auf1 und aus der Bild wurde NIUS. Während sich die, als Systemlinge bezeichnete Gruppe ihre Vorgaben beim heute-Journal holt, schauen sich diejenigen, die sich selber als „aufgewacht“ bezeichnen, Sitzungen des Corona-Ausschusses an.

Diese sogenannten „alternativen Medien“ oder „Aktivisten“ geben nun der abgespaltenen Gruppe die Zielrichtung vor. Dumm ist das, wenn sie dabei eine völlig falsche Richtung einschlagen und somit Demokratie verhindern.

Demokratie basiert auf Wahlen. Wenn diese von den Mainstreammedien dahingehend beeinflusst werden, dass bestimmte Systemparteien gewählt werden sollen, ist das schon schlimm genug. Wenn sie von den oben genannten „Alternativmedien“ jedoch auch beeinflusst werden, und zwar hinsichtlich der Tatsache, dass sich politisch Unzufriedene beispielsweise gar nicht an Wahlen beteiligen sollen, ist das eine Katastrophe, denn es führt zwangsläufig zu einem politischen Ungleichgewicht. Unabhängig von seinen realen Fähigkeiten und politischer Leistung, kann dann ein politisches System fortbestehen, das eigentlich dringend abgelöst gehört. Selbst die zerstörerischste und dümmste Politik kann dann einfach fortgesetzt werden – egal wie zerstörerisch und falsch sie ist.

Der Grund, warum sie dennoch von der Wählerschaft unterstützt wird, ist unser angeborenes Gruppenverhalten. Die eine Gruppe folgt blind der Tagesschau, die andere ebenso blind einem Bodo Schiffmann (wobei dieser hier nur als stellvertretendes Extrembeispiel dient.)

Entscheidungen werden mit zunehmender Größe der Gruppe immer dümmer

Dass und warum eine soziale Gruppe stets dümmer agiert, als eine einzelne Person, die auf sich gestellt ist, möchte ich Ihnen anhand eines Experiments beweisen, das häufig in sozialwissenschaftlichen Kursen durchgeführt, manchmal aber auch nur in der Theorie abgehandelt wird.

Es wird folgende Aufgabe gestellt:

Der gesamte Kurs (25 – 30 Personen) soll gegen einen einzelnen versierten Schachprofi antreten. In der Verbreitung sollen die Kursteilnehmer durch Schachspiele untereinander herausfinden, wer aus der Gruppe am besten Schach spielen kann. Es wird eine Rangliste der besten Schachspieler aufgestellt, beginnend bei Platz 1, dem besten bis Platz 30, dem schlechtesten Schachspieler.

Im ersten Versuchsdurchgang spielt nur der beste Teilnehmer gegen den Schachprofi. Die Chancen auf einen Sieg sind hier stark abhängig von den persönlichen Fähigkeiten des Teilnehmers. Meist sind diese jedoch nicht so ausgeprägt, wie die des Profis. Somit verliert er größtenteils.

Nun wird der Teilnehmer auf Rangliste 1 um die Teilnehmer auf Rangliste 2 und 3 ergänzt. Diese drei Teilnehmer sollen demokratisch über den jeweils nächsten Zug entscheiden. Das bedeutet, jeder dieser drei Teilnehmer hat eine Stimme.

Die Siegchancen der Kursteilnehmer erhöht sich dadurch drastisch, da drei versierte Gehirne zusammenarbeiten.

Im nächsten Durchgang wird die Gruppe um immer weitere Teilnehmer, entsprechend der Rangliste, erweitert. Es bleibt jedoch bei der demokratischen Abstimmung. Jeder Teilnehmer hat eine Stimme. Ungefähr ab dem Zeitpunkt, wo 6 oder 7 Teilnehmer beteiligt sind, kippt das Ganze ins Gegenteil. Die Gruppe verliert Partie um Partie. Wenn alle Teilnehmer eingebunden sind, kann sie gar keine Partie mehr gewinnen und verliert in rasender Geschwindigkeit. Oft schon nach wenigen Zügen.

Wie kann das sein und was ist der Grund?

Des Rätsels Lösung ist denkbar einfach. Mit steigender Gruppengröße wird die Expertise der versierten Schachspieler immer weiter verwässert. In einer Demokratie zählen auch die Meinungen derer, die eigentlich gar keine Ahnung vom Schachspielen haben. Und sie zählen genauso hoch, wie die Meinungen der Experten.

Es macht in diesem Versuchsaufbau übrigens einen großen Unterschied, ob offen oder geheim abgestimmt wird und ob die guten Schachspieler ihre Stimme zuerst oder zuletzt abgeben. Zur Gruppendynamik gehört nämlich auch die Majoritätskonformität nach Salomon Asch. Das heißt, es gibt eine Tendenz dahingehend, sich immer der Mehrheit anzuschließen, und zwar völlig unabhängig davon, ob diese Mehrheit richtig liegt oder nicht. Zudem sucht die Gruppe automatisch nach einem Anführer. Gibt der beste Schachspieler nun also seine Stimme öffentlich und zuerst ab, folgt ihm die Gruppe mehrheitlich. Damit bräuchte es sie aber – streng genommen – gar nicht. Sie wäre also verzichtbar und wir wären wieder ganz am Anfang des Spiels.

Wer glaubt, dann sei ja alles gut, irrt! In der Politik wird mit allen schmutzigen Tricks gearbeitet. Nehmen wir einmal an, der Schachprofi würde die Teilnehmer auf den Ranglistenplätzen 1 – 3 einfach kaufen oder anderweitig überreden, keine klugen und durchdachten Schachzüge zu machen. Dann ist die gesamte Teilnehmergruppe verloren! Sie KANN keine Partie mehr gewinnen, egal was sie tut.

Schlussfolgerung

In einer Demokratie werden also in Wahrheit nur die Positionen einiger, ganz weniger (Anführer) dargestellt, obwohl theoretisch jeder seine Stimme abgeben kann. Das macht eine Demokratie so unglaublich manipulierbar.

Stellen wir uns vor, es gäbe eine Gruppe, die unbedingt mir demokratischen Mitteln einen Machtwechsel herbeiführen wollte. Man müsst nur deren Anführer kaufen oder anderweitig umdrehen, um das zu verhindern.

Demokratie ist (in der Theorie) die beste und gerechteste aller denkbaren Staatsformen. In der Praxis scheitert sie jedoch an der Schwäche menschlicher Urinstinkte.

Ist die Demokratie damit gescheitert?

Das kann man nicht mit 100%iger Gewissheit sagen. Unsere Gattung Homo Sapiens Sapiens befindet sich an einem Scheideweg zwischen Ratio (Vernunft) und Instinkten. Obwohl sich uns unsere Urinstinkte geradezu überwältigend aufdrängen und uns unsere Entscheidungen vorzugeben versuchen (wenn Sie das nicht glauben wollen, beobachten Sie sich einmal vor einer Achterbahnfahrt, wenn Ihr Fluchtinstinkt Alarm gibt), haben wir dennoch die Möglichkeit, sie zu ignorieren und an ihrer Stelle unsere Vernunft zu bemühen.

Tun wir es doch einfach!

Sollte dies scheitern, bliebe im Prinzip nur noch die Philokratie, welche schon von Platon gefordert wurde. Platon war der Ansicht, die Herrschaft sollte ausschließlich der Weisheit gehören. Doch dabei wären wir schon vor der Frage gestellt, wie viel Moral die reine Vernunft gelten lassen soll und wie wir eine Korruption der Machthaber verhindern wollen. Denn weise zu sein, bedeutet ja nicht automatisch, kein Egoist zu sein.

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