Prozessbeobachtung OLG Stuttgart. „Reichsbürgerprozess“ 20.11.2024

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Prozessbeobachtung OLG Stuttgart. „Reichsbürgerprozess“ 20.11.2024

OLG Stuttgart, 20.11.2024

34. Verhandlungstag

Anwesend sind 4 Zuschauer und 3 Pressevertreter.
Vernommen wird heute der Zeuge Kriminaloberkommissar Martin D. vom BKA. Er war der Einsatzleiter vor Ort bei der Verhaftung des Zeugen Markus L. am 22.03.2023.
In Augenschein genommen werden die Bilder der Asservate aus der Wohnung von Markus L.
KOK Martin D. (KOK MD) erläutert, was -aus seiner Sicht- auf den Bildern zu sehen ist:
„Szenebekleidung“ mit dem „Punisher“ und anderen „einschlägigen“ Motiven, Bundeswehrbekleidung und Hoheitsabzeichen, Gegenstände, die Gewaltbereitschaft beweisen (wie z.B. ein Poster des „Kommando Spezialkräfte“ der Bundeswehr), Patches, eine „SS-Rune“, das Buch „Das Deutsche Reich“ von Matthes Haug, das Buch „Terroranschläge unter der Lupe“ von Klaus Weber.
KOK MD beantwortet die Frage, warum er dieses Buch asserviert habe mit: „Ich hielt es für eine Anleitung, um einen Terroranschlag auszuführen“. RA Böltz konfrontiert ihn mit seiner Internetrecherche:
„Das Dokument behandelt mehrere bedeutende Terroranschläge wie 9/11 und stellt die offiziellen Berichte den Erkenntnissen unabhängiger Experten gegenüber. Es werden zahlreiche Ungereimtheiten bei den Ereignissen am 11. September 2001 aufgezeigt, insbesondere beim Kollaps der Wolkenkratzer WTC 1, 2 und 7, die auf kontrollierte Sprengungen hinweisen.“
RA Böltz: „Wo nehmen Sie Gewalt wahr?“
KOK MD: „Auf dem Poster!“ (Anm. zu sehen ist ein Poster mit einem motivierenden Spruch, der Aufschrift „Bundeswehr“, „KSK“, zwei Soldaten im Kampfanzug mit Gefechtsausrüstung unter dem Heck eines Flugzeugs) „Das ist militärische Gewalt!“
Die RAe Böltz und mehrere Kollegen ergreifen das Wort und erläutern ihm: “Nein, das ist keine militärische Gewalt, das ist die Bundeswehr, das Grundgesetz gewährleistet die ‚Bundeswehr‘ als staatliche Institution.“ (Anm.: AUTSCH!).
Er wird weiter zur Vorbereitung der Hausdurchsuchung befragt, zur Änderung des Durchsuchungsbeschlusses von „Beschuldigter“ auf „Zeuge“ nach der Strafprozessordnung. Die entscheidende Frage, warum keine „risikoärmere Art der Verhaftung“ (z.B. auf dem Parkplatz vor dem Haus) gewählt wurde, kann er nicht beantworten.
(Anm. Aufgrund der Entscheidung, die Tür gewaltsam mit Sprengung zu öffnen, kam es zu einem Schußwechsel mit dem Angeklagten und zur Verletzung eines SEK-Beamten).
Diese Entscheidung lag wohl bei seinem Vorgesetzten, dem Kriminaldirektor Dr. K.
Der Vorsitzende Holzhausen legt den Durchsuchungsbeschluss vor und bemängelt, dass da nach „Gegenständen, Mobiltelefonen, Schrift-verkehr, Anleitungen, Strukturen der Vereinigung, etc.“ zu suchen gewesen wäre, aber nicht nach Waffen! (Anm.: Respekt!)
KOK MD: „Waffen sind Gegenstände!“
Markus L. wurde ihm vom SEK (Spezial Einsatz Kommando) nackt und gefesselt vor dem Haus „übergeben“. KOK MD kann sich an einen „blauen Fleck“ auf der Schulter erinnern. RA Böltz läßt ein Foto auflegen, das Stunden später aufgenommen wurde. Es sind große rote Schürfwunden auf der linken Schulter sowie auf der linken Gesichtshälfte zu sehen. KOK MD: „Das sieht martialisch aus!“ Morgens habe er nur einen blauen Fleck auf der Schulter wahrgenommen, die Verletzungen im Gesicht nicht.
Mehrere RAe wollen wissen, ob ihm schon einmal ein Beschuldigter nackt übergeben wurde? KOK MD: „Nein!“
RA Koslowski will wissen, warum er ihm keine Decke umgelegt habe.
KOK MD: „Weil keine da war!“
(Anm. Was war mit der eigenen Jacke, einer Rettungsdecke aus einem Polizeiwagen?)
Mittagspause

Nach der Mittagspause beantragt RA Böltz eine Unterbrechung der Hauptverhandlung (§257) wegen Zweifel an Verwertung Beweismittel.

Pause

Der Vorsitzende lehnt ab und stellt in Aussicht, dies am nächsten Verhandlungstag zu tun – aufgrund Prozessbeschleunigung.

Vernommen wir nun die medizinische Gutachterin Frau Dr. Sch. zur Verletzung des SEK Beamten. Zusammengefasst hat er eine Funktionseinschränkung im rechten Ellenbogengelenk mit einem Verlust von ca. 70% – 80% seiner ursprünglichen Kraft im rechten Arm – er ist Rechtshänder. Seine Hobbys (Kraftsport, Kampfsport, Tennis, Downhill Biken) kann er gar nicht mehr ausüben.
Danach wird ein Sachverständiger des BKA als Zeuge vernommen, der ein forensisches „Audiogutachten“ erstellt hat. Das beinhaltet aus den Videoaufnahmen des Schusswechsels bei der Verhaftung, die verwendeten Waffen akustisch in der zeitlichen Abfolge zu ermitteln. Hierzu erklärt er die sehr interessante technische Vorgehensweise (Auswertung von Spektren und Pegel), die ich hier nicht näher erläutere.

Das Ergebnis in Kürze sieht wie folgt aus:
Es wurden 26 Patronenhülsen gesichert, aber nur 23 Schüsse konnten akustisch identifiziert werden. Es beginnt mit einem Knall (Sprengung der Tür), 4,5 Minuten Pause, dann sechs Schüsse aus einer „Langwaffe“ (die ist Markus L. zugeordnet), danach Schüsse mit „Kurzwaffen“ (SEK) und „Langwaffe“ im Wechsel – sowie einige nicht auswertbare Geräusche, der letzte Schuss der Folge ist von einer „Kurzwaffe“, nach einer Sekunde dann der Aufschrei “Bin getroffen!“
Der Sachverständige bewertet die Ergebnisse mit „überwiegend wahrscheinlich“ (er erläutert die möglichen Klassifizierungen).
Er wird nochmal explizit von der Generalbundesanwaltschaft nach dem letzten Schuss aus der SEK-Waffe gefragt, die er mit „überwiegend wahrscheinlich“ beantwortet.

RA Böltz beantragt darauf (§257) nicht weiter von der TATwaffe seines Mandanten zu sprechen, das sei durch das Gutachten nicht weiter gerechtfertigt. Ender der Sitzung um 16.30h – rechtzeitig wird der Anwalt mit den Schlafattacken wach.

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