Carlo Cipolla hatte recht – LEIDER

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In den 90er Jahren, zu einer Zeit, als die Welt noch halbwegs in Ordnung schien, als „Studierende“ noch Studenten hießen und „Lehrende“ Dozenten, hatte ich eine Vorlesung über die Theorie eines gewissen Carlo Cipolla. Cipolla war zwar Wirtschaftshistoriker, doch hatte sein Modell vom „Gesetz der Dummheit“ eher einen soziologischen Ansatz.

Wie auch schon Dietrich Bonhoeffer trennte Cipolla die Dummheit von der Bildung, sozialem Stand und finanzieller Ausstattung, um nicht mißverstanden zu werden. Ihm zufolge konnte ein dummer Mensch sehr wohl über einen hohen Bildungsstand, einen einflußreichen Job und viel Geld verfügen. Es war vielmehr sein Verhalten, das ihn als dummen Menschen kennzeichnete. Kurz gesagt teilte Cipolla die Menschen in vier Kategorien auf. Die erste bezeichnete er als „die Hilflosen“, die zweite als „die Intelligenten“, die dritte als „die Banditen“ und die vierte schlussendlich als „die Dummen“.

Maßgebliches Kriterium für die Zuteilung zu einer dieser Gruppen war das Verhalten im sozialen Umfeld.

Menschen, die sich selber schaden, ohne der Gesellschaft einen Nutzen zu bringen, nannte er „hilflose Menschen“. Solche, die sich selber und der Gesellschaft einen Nutzen erweisen, nannte er „intelligente Menschen“. Wer sich selber einen Nutzen verschafft und der Gesellschaft damit schadet, ist nach Cipolla ein „Bandit“ und wer der Gesellschaft schadet, ohne selber einen Nutzen daraus zu ziehen, ist ein „dummer Mensch“.

Laut Cipolla machen dumme Menschen stets den größten Teil einer Gesellschaft aus, doch ihre Zahl würde dabei von den anderen Menschen immer unterschätzt. Gleichzeitig seien sie die gefährlichste aller Gruppen und ihre Zerstörungskraft sei am größten. Sie würden sich zudem auch nie selber als dumm erkennen, auch wenn sie im Laufe ihres Lebens immer wieder die Erfahrung machen müssten, dass ihre Entscheidungen weder ihnen selber, noch der Gesellschaft irgendeinen Nutzen erbracht haben.

Dumme Menschen können einzeln eine Gesellschaft in den Abgrund führen, wenn sie in entsprechende Machtpositionen geraten, oder gemeinschaftlich, wenn sie kollektiv dumme Entscheidungen treffen und auf diese Weise eine Gesellschaft negativ beeinflussen.

Cipollas Werk, damals gerade einmal 18 Jahre alt, wurde seinerzeit kontrovers diskutiert. Kann es wirklich sein, dass ein Großteil der Menschheit einfach nicht anders kann, als dumme und für die Gemeinschaft schädlich Entscheidungen zu treffen? Ich selber sprach mich seinerzeit vehement dagegen aus. Für mich war Dummheit ein Mangel von Bildung und gescheiterter Sozialisierung. Jeder Mensch, so dachte ich, wird mit den gleichen Chancen geboren und es liegt in der Verantwortung seines sozialen Umfeldes, das Beste aus diesem Menschen zu machen.

Inzwischen sehe ich das leider etwas anders. In den vergangenen 4 Jahren habe ich einen sehr guten Blick auf die unterschiedlichsten sozialen Gruppen nehmen können. Dabei muss ich bedauerlicherweise zugeben, dass sich die meisten Menschen einfach nur grob dumm verhalten, und zwar unabhängig davon, ob ich einen subjektiven oder objektiven Betrachterstatus einnehme.

Nehmen wir beispielsweise die größte Gruppe der Deutschen ab 2020. Sie unterwarf sich bedingungslos einem Diktat, von dem sie spätestens 4-5 Monate nach dessen Start zweifelsfrei wusste, dass sie keinerlei Nutzen daraus ziehen würde. Sie schadete sich also selber und schadete zudem der Gesellschaft. Ein klassisches Beispiel eines dummen Menschen nach Cipolla.

Doch wie sieht es mit der anderen Gruppe aus, also mit denjenigen, die sich dem Diktat nicht beugten? Sind das die intelligenten Menschen? So dachte ich lange Zeit. Doch bedauerlicherweise lag ich damit falsch.

Denn diese Gruppe schadet der Gesellschaft ebenso, indem sie sich und andere beständig von einer Lösung der Probleme ablenkt. Sie trägt also aktiv zu einer Verhinderung einer Lösung bei. Im konkreten Fall sucht sie ihr „Heil“ in der Teilnahme an Demos und der Verweigerung von Wahlen. Sie raubt sich also selber Kraft und Energie, vermeidet jedoch eine echte Lösung. Damit verhindert sie die Lösung AKTIV, und zwar nicht nur für sich, sondern für die gesamte Gesellschaft gleich mit. Das ist quasi der Inbegriff eines Dummen nach Cipolla. Mehr noch, als die erstgenannte Gruppe, da hier die tatsächliche Lösung noch offensichtlicher ist.

Auch die klassischen Banditen nach Cipolla finden wir in beiden Gruppen. Sie verschaffen sich selber einen Nutzen (meist finanzieller Natur), indem sie die Dummheit der Dummen ausnutzen und ihnen eine falsche, statt der richtigen Lösung verkaufen. Masken, Abstände, Isolation und die Spritze bei der ersten Gruppe, das Teilen sinnloser Empörungs-Posts, der Gang auf ebenso sinnlose Demos und die Wahlverweigerung bei der zweiten Gruppe.

Diese Erkenntnis ist ein echtes Dilemma für die Demokratie an sich. Denn Demokratie kann nur funktionieren, wenn die Menschen intelligente und weitsichtige Entscheidungen treffen. In einer Gesellschaft, in der die Dummen in der Überzahl sind, wird Demokratie leider immer in den Abgrund führen.

Und das sehen wir gerade!

Offen ist für mich bis jetzt noch die Frage, ob ein dummer Mensch für immer unabänderlich dumm bleiben muss, oder ob nicht früher oder später bei den meisten der berühmte Groschen fällt, wenn man ihnen ihre Dummheit wieder und wieder vor Augen führt und sie emotional angreift. Niemand will als dumm angesehen werden. Doch wenn erste Brandmauern des Beleidigtseins gefallen sind und die eigene Ratio sagt: „Ja, du bist dumm“, dann gibt es vielleicht eine Chance des „Erwachens“ aus der Dummheit.

Sozialwissenschaftlich ausgedrückt: Dann haben sie nicht nur den Konformitätstest von Asch bestanden, sondern auch den, von Moscovici, bei dem sie derzeit noch mit Pauken und Trompeten durchfallen.

Insofern habe ich die Hoffnung noch nicht gänzlich aufgegeben. Es gibt noch eine Chance auf Demokratie. Sie erfordert aber die Mühe der Dummen, vorbehaltlos über ihre Dummheit nachzudenken.

Und ja, damit sind vor allen Dingen die Reichsbürger gemeint, die sich derzeit (dank der Maulwürfe im Widerstand) verbreiten wie Fußpilz im Freibad. Auch wenn sie sich nicht als solche bezeichnen. Teste Dich: Gehst Du zur Wahl? Wenn nein, zähle Dich dazu!

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