AfD ist der große Verlierer im Osten – was ist schiefgelaufen?

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AfD ist der große Verlierer im Osten – was ist schiefgelaufen?

Noch jubeln die Fans der Afd, aber sie werden schon sehr bald böse erwachen. Denn die AfD wird weder in Thüringen, noch in Sachsen regieren oder auch nur an der Regierung beteiligt sein.

Das Dumme daran:

Diese Entwicklung kommt nicht plötzlich und aus heiterem Himmel, sondern sie ließ sich seit langem schon mathematisch brechnen. Die AfD und ihre Fans sind quasi seit vielen vielen Monaten sehenden Auges darauf zugesteuert und haben alles dafür getan, dass sie eintrifft. Ich hatte zuletzt in diesem Beitrag vor dieser Entwicklung gewarnt.

Diese Aussage mag den einen oder anderen verwundern. Hatte man nicht mit aller Kraft darum geworben, dass so viele Menschen wie möglich AfD wählen? Ja genau. Genau dort liegt der Hase im Pfeffer. Parolen wie #NurNochAfD, die millionenfach in den sozialen Netzwerken geteilt wurden, haben maßgeblich dazu beigetragen, dass jetzt das Gegenteil von dem erreicht wurde, was eigentlich angestrebt war.

Die AfD kann nämlich nur unter zwei Voraussetzungen regieren, und das gilt nicht nur für die Ost-Bundesländer, sondern für grundsätzlich alle Parlamente:

Entweder müsste sie eine regierungsfähige Mehrheit auf sich (allein) vereinen.

Oder sie bräuchte einen oder zwei Koalitionspartner, welche die restlichen Stimmen holen und die anschließend mit der AfD zusammen eine regierungsfähige Koalition bilden.

Erstere der beiden Möglichkeiten kann man getrost als illusorisch, ja aussichtslos bezeichnen. Davon abgesehen sollten sich jedem Demokraten angesichts der Alleinregierung einer einzelnen Partei die Zehnägel hochrollen. Noch wichtiger als Argument Nr. 2 ist aber Argument Nr. 1: Es ist nahezu ausgeschlossen, dass die AfD irgendwann einmal so viele Stimmen auf sich vereint, dass sie keine Koalitionspartner braucht. Das ist ihr schon in ihren stärksten Bundesländern nicht gelungen – wirklich wichtig wäre es aber auf Bundesebene, sowie in den größten und einflussreichsten Bundesländern NRW und Bayern.

Bleibt noch die zweitere Lösung: Die AfD braucht Koalitionspartner.

Nun, den gibt es erklärterweise nicht. Es gibt keinen, weil man auf diese Weise stets um die AfD herumkoalieren kann, wie es einem beliebt. Man muss nur die Grundrechenarten beherrschen, um das zu verstehen. Denn liegt die regierungsfähige Mehrheit nicht bei der AfD (allein), so liegt sie zwangsläufig verteilt auf alle anderen Parteien, die sie per Koalition nutzen können (und werden). Die AfD könnte auch 40 % an Stimmenanteilen erhalten – wenn die regierungsfähige Mehrheit bei 46 oder 47 % liegt, würde sie zwangsläufig in der Opposition verbleiben.

Wenn wir das (hoffentlich endlich) geklärt haben, stoßen wir auch schon auf die einzige Option, die noch verbleibt. Nein, nicht noch mehr „NurNochAfD“-Posts, denn siehe oben.

Wenn die AfD keine Koalitionspartner hat, muss sie sich welche aufbauen. Das wäre für sie kein nennenswertes Problem. Ausgestattet mit einer enormen Reichweite und Popularität, welche sie durch die Mainstreammedien erhält (jawohl, ich kann später auch gerne erläutern, warum auch Negativpresse positiv ist. Allerdings habe ich das schon häufig in früheren Beiträgen getan), könnte sie dem System ein Schnippchen schlagen, indem sie jene Parteien ins Licht bringt, die das System am liebsten gänzlich totschweigen würde.

Diese Parteien sind (das mag jetzt für den einen oder anderen fast lächerlich klingen, es ist aber wahr) die wahren Angstgegner des Systems. Sie werden nicht wie die AfD mit einem medialen Shitstorm überzogen, sondern effektiv TOTGESCHWIEGEN. Totschweigen (nicht diskreditieren) ist die tatsächlich einzige Möglichkeit, eine Partei komplett zu verhindern.

Sie sind deshalb so gefährlich, weil sie in der Lage wären, die Menschen aus der Mitte der Gesellschaft abzuholen, also etwa der CDU ihre Wähler abspenstig zu machen. Eine dieser Parteien (dieBasis) ist darüber hinaus auch deshalb gefürchtet (und mit dem „Bannspruch“ belegt), weil sie das Parteiensystem selber durch Wahlrechtsreformen entmachten und den Parteien ihre politischen Privilegien entziehen möchte.

Hätte die AfD eine Fähigkeit zum strategischen Denken, wäre sie nicht nur schon längst auf diese Parteien zugegangen – sie hätte die WerteUnion gar nicht erst weggebissen. Ich habe hier über diesen Vorgang und seine politischen Auswirkungen geschrieben.

Man stelle sich einmal vor, die, mit gemeinsamen Kräften unterstützte WerteUnion hätte der CDU 10 % ihrer Stimmen abgenommen…

Das hätte natürlich vorausgesetzt, dass die Fans der AfD nicht jeden Mist nachplappern und über die sozialen Netzwerke wie Wahrheiten verbreiten. Parolen wie „nunnochAFD“ hätten niemals ausgegeben oder toleriert werden dürfen, „Stolzmonate“ niemals gefeiert werden dürfen. Es muss alle Betreffenden klar sein, dass die AfD mit mainstreammedialer Unterstützung allein mehr erreichten würde, als unter Zunahme selbsternannter „Patrioten“. Man hätte vielmehr die zukünftigen Koalititonspartner der AfD unterstützen müssen, und zwar mit aller Kraft.

Damit hätte man den Bann dieser Parteien durchbrochen und eine Regierung oder Mitregierung der AfD ermöglicht. Denn diese heute noch unsichtbaren Gegner des Systems haben das, was der AfD fehlt: Sie erreichen diejenigen, denen die AfD zu radikal ist. Und das sind zufällig auch diejenigen, die heute entweder CDU oder BSW wählen und sich dennoch sehnlichst einen Politikwechsel erhoffen. Sie wollen Veränderung, aber nicht die AfD.

Sahra Wagenknecht ist die einzige, die dieses Spiel beherrscht. Sie versteht es meisterhaft, über die wahren Inhalte ihres BSW hinwegzutäuschen und vorzutäuschen, das BSW sei eine gemäßigte Alternative zur AfD. Nichts könnte falscher sein, was auch jeder sofort erkennt, der sich intensiv mit den politischen Positionen und politischen Vergangenheiten ihrer Vorstandsmitglieder und Kandidaten auseinandersetzt.

Das BSW hat eine gewaltige Schwäche: Es verspricht, die Probleme linker Politik mit linker Politik zu beheben. Sein Erstarken hat nichts mit dieser Politik zu tun, sondern mit einem Mangel an (sichtbaren) Alternativen. Gehyped durch die Mainstreammedien erscheint der Eindruck, man würde mit dem BSW eine gemäßigte AfD wählen. Doch das ist alles andere, als richtig. Die politischen Positionen, die die Wähler (welche Wagenknecht lauschen) im BSW vermuten, sind eigentlich die Positionen der Basis-Partei. Doch während es beim BSW eine riesige Kluft zwischen Wagenknecht und dem Rest der Partei gibt, ist dies bei der Basis nicht so. Was dieBasis sagt, das meint sie auch so. Nicht nur, aber ganz besonders in Hinblick auf eine umfassende Aufarbeitung der Coronazeit und die Verhinderung einer Neuauflage.

Wäre ich Alice Weidel oder Tino Chrupalla, würde ich jetzt sofort das Telefon in die Hand nehmen und eine strategische Zusammenarbeit anbieten. Die politischen Positionen sind durchaus nicht immer identisch, doch ist es auch nicht Sinn und Zweck einer Koalition, sich gegenseitig zu bestärken, sondern er besteht vielmehr darin, einander in Schach zu halten.

Abschließend zu der Frage, warum der mediale Shitstorm positiv für die AfD ist: Eine Information hat immer dann eine besonders große Wirkung, wenn sie der Erwartungshaltung der Nachrichtenempfänger entspricht. Die Mainstreammedien berichten über die AfD exakt so, wie es deren Fans erwarten. Und das löst bei ihnen einen „jetzt erst recht“-Effekt aus.

Viel entscheidender als der Nachrichteninhalt ist die Nachrichtendichte. Die Wahrnehmungsschwelle liegt bei ca. 1,5% der Gesamtnachrichten. Alles, was darunter liegt, wird nicht mehr bewusst wahrgenommen. Die AfD macht seit 2023 ca. 25-30% der Gesamtnachrichten aus.

Dazu gesellt sich der sogenannte „Mere Exposure-Effekt“, der auch gerne von der Musikbranche verwendet wird, um selbst die infantilsten Stücke wirtschaftlich erfolgreich zu machen. Vereinfacht ausgedrückt besagt er, dass ein Reiz um so positiver bewertet wird, je häufiger man mit ihm in Kontakt gebracht wird. Dreimal Waddehaddeduddeda im Radio gehört und – zack – Ohrwurm! Wohlgemerkt: Das wird nicht so häufig im Radio gespielt, weil es so erfolgreich ist, es ist so erfolgreich, weil es häufig im Radio gespielt wird.

Mit Parteien ist es exakt genauso.

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