Am 53. Prozesstag war das Verfahren gegen den ehemaligen Rechtsanwalt und Mitbegründer des Corona-Ausschusses endlich beendet. Es endete mit einem Urteil, mit dem viele bereits gerechnet hatten.
3 Jahre und 9 Monate – so viel hatte die Staatsanwaltschaft bereits vor Monaten gefordert. Und dieser Forderung schloss sich die große Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Göttingen am 24.04.2025 an.
Das Urteil befindet sich in der unteren Hälfte des möglichen Strafmaßes. Hierbei dürfen wir nicht vergessen, dass die Anklage auf gewerbliche Untreue und nicht auf einfache Untreue lautete. Im letzteren Fall hätte das maximale Strafmaß 5 Jahre betragen; doch im Falle gewerblicher Untreue steigt dies auf 10 Jahre bei Ausschluss einer Geldstrafe. Das Mindestmaß beträgt 1 Jahr.
Zusätzlich verkündete das Gericht im Urteilsspruch, dass 5 Monate der Untersuchungshaft nicht auf die Strafe angerechnet würden, weil Fuellmich das Verfahren verschleppt habe.
Was Letzteres angeht, könnte das Urteil jedoch unrechtmäßig sein und die Verschleppung des Verfahrens dem Gericht selber angelastet werden.
Zwar ist durchaus richtig, dass die Verteidigung seit dem 13. Verhandlungstag alles daran gesetzt hatte, einen Urteilsspruch zu verzögern (etwa durch Nichterscheinen, dem Einreichen unqualifizierter Anträge, der Bestellung weiterer Zeugen etc.), aber es war letztlich die Kammer, die all dies mit großem Wohlwollen zugelassen und nicht durchgegriffen hatte.
Anfang Mai 2024 hatte die Kammer einen Hinweisbeschluss erlassen und die Verfahrensbeteiligten um ihre Plädoyers gebeten. Der Verhandlungstag war zeitgleich auch der Beginn eines Verteidigerverhaltens, wie ich es mir in meinen kühnsten Träumen nicht hätte vorstellen können. Teilweise erscheinen die Verteidiger gar nicht vor Gericht. Wenn sie erschienen, dann nahezu immer stark verspätet. Es wurde eine Flut von Anträgen angekündigt und halbfertig eingereicht. Manchmal mussten diese IN DER VERHANDLUNG auch noch mit dem Angeklagten abgesprochen werden. Es wurde eine Vielzahl weiterer Zeugen geladen, von denen mindestens einer den Angeklagten sogar noch belasteten.
Sodann erklären sich einige der Verteidiger und der Angeklagte für prozessunfähig.
Alles, um einen Urteilsspruch zu verhindern.
Der Knackpunkt dabei ist jedoch: Das hätte der vorsitzende Richter unterbinden müssen. Es hätte nie zu 53 Verhandlungstagen kommen dürfen, denn schließlich handelt es sich hier nur um gewerbliche Untreue. Da es nun aber dem Richter (und nicht etwa der Verteidigung) oblag, das Verfahren zu straffen, kann das Gericht nun nicht einfach hergehen und das Fehlverhalten dem Angeklagten anlasten.
Das ist sogar aus doppelter Hinsicht bedenklich und falsch. Erstens sagt das Gericht damit aus, dass der Angeklagte die gesamte Verteidigungsstrategie – inklusive der Verfahrensverschleppung – dominierte und alleine steuerte. Das mag zwar so gewesen sein, doch wird die Kammer dies schwerlich nachweisen können. Schlussendlich degradiert sie die Verteidiger damit auch zu reinen Statisten, ja fast schon zu Hampelmännern, die auf ihre juristischen Fähigkeiten gepfiffen haben, um es ihrem Mandanten (entgegen jeder Expertise) recht zu machen.
Ich hatte an mehreren Stellen bereits etwas zum seltsamen Verhalten der Verteidigung geschrieben und auch darauf hingewiesen, dass dies dem Angeklagten eher schaden als nutzen würde.
Es ist jetzt müßig, darüber zu diskutieren, ob Fuellmich schuld war oder seine Verteidiger, weil zweifelsfrei feststeht, dass weder der Angeklagte noch die Verteidigung die Möglichkeiten hatten, das Verfahren zu leiten. Diese Möglichkeit lag bei Richter Schindler. Und dieser Richter machte recht selten Gebrauch davon, weshalb es 53 statt 14 oder 15 Verhandlungstage wurden. Somit ist die Hauptschuld in der Frage der Prozesslänge wohl auch bei ihm zu suchen.