Prozessbeobachtung OLG Frankfurt. „Reichsbürgerprozess“ 22.04.2025 – Teil 1

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OLG Frankfurt 22.04.2025

60. Verhandlungstag

Die Verhandlung beginnt um 9.50 h mit 18 Zuschauern und zwei Pressevertretern. Der Beobachter der Prozessbeobachter kommt später auch noch.

Der Vorsitzende (RiBo) erklärt, daß die angeforderten Unterlagen aus der JVA Lingen zum Zeugen Herrn R. (ZR) ausgehändigt wurden. BMW merkt an, daß sie sie nicht bekommen habe . RiBo: „Ich werde es unter den gegebenen Bedingungen versuchen und die Sicherheitsbedingungen Drittbeteiligter berücksichtigen!“
Anm.: Was meint er damit genau, verstehe nur Bahnhof!
Um 9.55 Uhr erscheint ZR und sein Zeugenbeistand Dr.V (ZBV) und wird belehrt. ZR beginnt sofort mit einer Erklärung, er habe eine „Schutzbehauptung zu seinem beruflichen Werdegang“ gemacht. Er entschuldige sich für eine Lebenslüge hinsichtlich seiner Berufsausbildung – er habe keinen Berufsabschluss mit einem Diplom.
RAin Rueber-Unkelbach verlangt diese Aussage zu protokollieren, da es sich um einen Straftatbestand handle – falsche Angaben zu persönlichen Verhältnissen. RA Sieg schließt sich an und fordert eine Ermittlung. Oberstaatsanwältin Maslow tritt dem entgegen, die Aussage sei noch nicht abgeschlossen. RA Weißenborn fordert die vollständige Rücknahme seiner Aussagen, da Zweifel an seiner Glaubhaftigkeit. RAin Hamed merkt an, daß er behauptet habe, ein abgeschlossenes Studium mit Bachelor in Marketing und Kommunikationsdesign in Düsseldorf gemacht zu haben und eine Urkunde erhalten zu haben. RA Lober gibt zu bedenken, daß es auch zu Straftaten in anderen Prozessen gekommen sein kann. An RiBo gewandt: „Sie haben sich von diesem eloquenten schmierseifenmäßigen Auftreten täuschen lassen – von seinen kackdreisten Schutzbehauptungen!“ RA Wölfel schließt sich dem an und verweist auf §132a StGB –
Anm.: Mißbrauch von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen
(1) Wer unbefugt….inländische oder ausländische Amts- oder Dienstbezeichnungen, akademische Grade, Titel oder öffentliche Würden führt … wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Er fordert die Protokollierung, da eine Straftat begangen wurde, alle Anwälte schließen sich an. RA Sattelmaier wirft ein, die GBA müßte ein eigenes Interesse haben, Straftaten zu protokollieren und wundert sich, daß die Oberstaatsanwältin dem entgegen tritt. RA Olivo möchte den Schriftsatz mit der „Lebenslüge“ sehen, das will auch RA Lober und fordert daher eine Unterbrechung. BMW wirft ein, daß „Schutzbehauptungen“ eher von Angeklagten als von Zeugen verwendet würden. RA Weißenborn: „Das Delikt ist vollendet!“ RiBo wirft ein, daß es nach §183 GVG nicht auf die wortgetreue Wiedergabe ankäme, die Voraussetzung liege nicht vor. Eine Falschaussage sei es erst mit Abschluss der Zeugenvernehmung, der Versuch sei straflos.
Anm.: Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)§ 183 
Wird eine Straftat in der Sitzung begangen, so hat das Gericht den Tatbestand festzustellen und der zuständigen Behörde das darüber aufgenommene Protokoll mitzuteilen. In geeigneten Fällen ist die vorläufige Festnahme des Täters zu verfügen.
RA Sieg beanstandet dies, RA Prof. Schwab fordert eine Senatsberatung in einem separaten Raum, um den Straftatbestand festzuhalten.
RAin Rueber-Unkelbach weist darauf hin, daß das Landgericht Osnabrück WEGEN des abgeschlossenen Studiums von einer positiven Sozialprognose ausgegangen ist.
RA Lober bittet um „vertiefte Gedanken“ des Senats, da die Falschaussage durch das Urteil in Osnabrück Rechtskraft habe.
Es erfolgt eine Unterbrechung von 10.35h – 11.10h.
Die Senatsentscheidung lautet (Anm.: völlig unüberraschend für mich): „Die Protokollierung nach §132a StGB wird abgelehnt“.
RA Sattelmaier kündigt eine Strafanzeige an. Mehrere Anwälte zählen Tag und Uhrzeit der angeblichen Falschaussage auf.
RiBo möchte vom ZR wissen, warum er das gemacht habe?
RA Wölfel bittet um eine Belehrung zu den Folgen einer Falschaussage. RiBo weist ihn auf das Zeugnisverweigerungsrecht hin. ZR: „Meine Eltern haben geglaubt, daß ich einen Bachelor habe, daher die Lebenslüge. RiBo: „Können Sie Namen von den Personen nennen, gegen die sie ausgesagt haben?“ Er nennt mehrere Namen, auch den seines Freundes Christian S., der Mitglied in einem Rockerclub sei und ihm nicht wohlgewonnen. RiBo: „Sie sollten wegen ständiger Bedrohung verlegt werden?“ „Ja!“ RA Weißenborn fragt, ob die Freundin über die Gelder auf dem gemeinsamen Konto eingeweiht war?“ „Nein! Das gemeinsame Paypal-Konto wurde aber auch für Essen verwendet.“ RiBo: „Mit wem haben Sie sich über die verschiedenen Denunziationen ausgetauscht?“ „Mit rtl, dem STERN und dem familiären Umfeld. Das Verfahren wegen der Softwareschlüssel wurde aber eingestellt.“
RA Weißenborn: „Schildern Sie bitte Ihre Wahrnehmung Ihres Betrugs.“
„Ich hatte mir Geld von Rockern geliehen und stand unter Druck, Geld zu verdienen! Es wurden nur die Rechte des Markeninhabers verletzt! Ich wollte niemanden täuschen!“
„Ist das Sport, kein Betrug?“
„Das Produkt war in Ordnung!“ Anm.: Ich bin beruhigt!
„Eine Straftat wegen Schulden? Haben Sie ein Unrechtsbewusstsein?“
„Ja, darum will ich HIER aufräumen!“
Anm.: Das Publikum lacht lauthals!
„Sie haben Vertrauen erschlichen – ist das in Ordnung?“
„Es hat sich natürlich ergeben, ich habe für was Gutes gelogen!“
Die RAe Olivo und Lang befragen ihn zu seinen Verhandlungen und seinen beiden Festnahmen. „Hatten Sie dazwischen Kontakt zu den Ermittlungsbehörden?“ ZBV: „Ich würde sagen NEIN!“
„Darüber gesprochen?“ „JA!“
RAin Schwaben befragt ihn zu seiner Aussage im „Kriegsverbrecherprozess“ beim BKA. „War der GBA Ermittlungsführer?“ „JA!“ „Wie oft wurden Sie vernommen?“ „Zwei mal!“ „Hat der GBA sich bei Ihnen gemeldet?“ „Das weiß ich nicht mehr!“ „Weiß es Ihr Zeugenbeistand? Entbinden Sie ihn von der Schweigepflicht?“
Pause von 12.00h bis 13.25h – das Publikum erhält wegen des Lachens von einem Justizangestellten eine Ermahnung.
Da es mit RA Miksch weitergeht, ist die Entbindung wohl nicht erfolgt. „Wer hat die Liste mit Markus Lanz erstellt, was hat Hans-Joachim H. genau gesagt?“
„Er hat gesagt, alle auf der Liste sollen umgelegt werden, Peter W. hat sie angeblich erstellt!“

Teil 2

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