Fuellmich-Prozess – Transkript des 32. Prozesstages
Dies ist ein Transkript des folgenden Videos:
Ich habe mir die allergrößte Mühe gegeben, es so leicht lesbar wie möglich zur Verfügung zu stellen. Anmerkungen meinerseits habe ich farbig abgesetzt.
Von allen „Prozessbeobachtern“ gibt einzig Nicole Wolf den Prozess neutral und weitgehend vollständig wider. Vielen Dank dafür an dieser Stelle.
Start:
Ich berichte heute von Prozesstag 32 am 16.10.24 in der Strafsache gegen Reiner Fuellmich am Landgericht in Göttingen. An der Anzeigetafel vor dem Gerichtssaal stehen noch immer fünf Anwälte: Weiler, den ich noch nie gesehen habe, Wörmer, Miseré, Pohl und Siemund. Als Adhäsionskläger ist noch immer die Stiftung Coronaausschuss Vorschalt gUG in Gründung ausgeschrieben. Das Namensschild von Frank Großenbach steht noch immer auf dem Tisch der Klägerseite, jedoch ist kein Spender auf der Anzeigetafel als Adhäsionskläger gelistet.
9:11 Uhr: Staatsanwalt Recha betritt den Gerichtssaal.
9:16 Uhr: Pohl kommt herein, der Vorsitzende übergibt ihm einen Aktenstapel. Während der Wartezeit bespricht sich der Vorsitzende mit Pohl.
9:58 Uhr: Wörmer und Siemund kommen herein, die Verteidigung verlässt den Saal. Von Vertretern der Presse erfahre ich, dass sie sich noch abstimmen.
10:47 Uhr: Miseré betritt den Saal und geht kurz darauf wieder heraus, vermutlich zur Abstimmung mit seinen Kollegen.
11:15 Uhr: Alle Anwälte der Verteidigung kommen herein.
11:20 Uhr: Fuellmich wird in Handschellen hereingeführt.
Ich verzichte zur besseren Les- und Hörbarkeit auf die akademischen Grade der Erwähnten und berufe mich darauf, dass meine hier geschilderten Beobachtungen einzig auf meiner persönlichen Wahrnehmung beruhen.
Der Sitzungstag wird eröffnet. Der Vorsitzende fragt, ob die Anträge, welche im Vorfeld eingereicht wurden, gestellt werden sollen. Die Verteidigung bejaht. Die Anträge werden als Anlage 1 zum Hauptverhandlungsprotokoll genommen, das Selbstleseverfahren wird hierfür angeordnet. Siemund kündigt einen weiteren Beweisantrag an, sobald seine technischen Probleme gelöst sind. Der Vorsitzende erklärt, man würde kurz unterbrechen, bis dieser Antrag da ist. Es ist 11:23 Uhr.
11:27 Uhr: Der Vorsitzende kommt kurz aus dem Hinterzimmer und sagt: „Herr Siemund, eine Mail ist eingegangen, aber ohne Anhang.“ Siemund antwortet, das wäre das technische Problem gewesen, jetzt sei die richtige E-Mail unterwegs.
Wer hier glaubt, dass diese ständigen Pannen und Situationen in denen man „noch nicht ganz fertig“ ist, nur Zufall sind oder sich auf Unfähigkeit der Betreffenden zurückführen lässt, der glaubt wohl auch, das Ordnungsamt sei dazu da, die Küche aufzuräumen. Sowohl die ständigen Verspätungen, als auch die stets nie fertigen Anträge, die erst in der Hauptverhandlung selber eingereicht werden, zunächst halbherzig und dann mit Nachbesserung, sind nichts weiter, als Verzögerungstaktiken. Man will einen Abschluss des Verfahrens mit allen Mitteln so lange hinauszögern, wie es irgendwie geht. Diesen Umstand sollte man im Hinterkopf behalten, wenn man im Rahmen dieses Transkriptes liest, wie Fuellmich seine Haftbedingungen beschreibt und dass er sie auf den Umstand zurückführt, dass es sich um eine Untersuchungshaft handelt.
Vor diesem Hintergrund sollte sich jeder einmal fragen, welche Vorteile sich für den Angeklagten daraus ergeben sollen, das Verfahren nicht zum Urteil kommen zu lassen, um dieses im Anschluss mittels Berufung oder Revision anzugreifen. Es ergeben sich keine Vorteile daraus, sondern nur Nachteile. Nachteile, die jedoch dann wiederum zum Gegenstand eines ganzen Hauptverhandlungstages werden.
11:32 Uhr: Die Kammer kommt zurück. Der Antrag Siemunds wird als Anlage 2 zum Hauptverhandlungsprotokoll genommen, und das Selbstleseverfahren wird hierfür angeordnet. Der Vorsitzende erklärt: „Den kopieren wir jetzt noch“ und meint damit den Antrag für alle Prozessbeteiligten. Miseré kündigt eine Erklärung zu den Haftbedingungen Fuellmichs sowie eine ergänzende Erklärung Fuellmichs an. Der Vorsitzende erklärt, sie müssten zunächst klären, ob die Erklärung zu den Haftbedingungen abgegeben werden könne. Die ergänzende Erklärung Fuellmichs könne nach der Mittagspause abgegeben werden. Die Pause wird bis 13 Uhr anberaumt.
13:13 Uhr: Fuellmich wird hereingeführt. Der Vorsitzende erklärt, die Berufsrichter und Schöffen haben Kenntnis der Anlagen 1 und 2 zum heutigen Hauptverhandlungsprotokoll erlangt, und die übrigen Prozessbeteiligten hätten Gelegenheit dazu gehabt. Er fragt nach Stellungnahmen. Staatsanwalt Recha meldet sich zu Wort. Er führt aus, dass die Verteidigung nach weiteren vier Wochen nicht schafft, pünktlich zu erscheinen. Wörmer unterbricht und erklärt, sie sei krankgeschrieben, und ergänzt, er, also Recha, hätte leicht reden, er sei hier vor Ort. Recha fährt fort, er halte das für höchst unprofessionell, ebenso die Tatsache, dass Anträge nicht vorher eingereicht werden. Auf diese Weise würde der Prozess gezielt verschleppt. Hinzu kämen die Beratungspausen. Das Ziel sei, das Schließen der Beweisaufnahme zu verzögern, um dem Angeklagten weiterhin eine Bühne zu bieten. Er beantragt vermutlich, die Anträge abzulehnen.
(Anmerkung der Autorin: Dieser letzte Satz war schlecht zu verstehen. Ende der Anmerkung.)
Miseré erwidert, es sei das aufgezwungene Selbstleseverfahren, welches für Pausen sorge. Wörmer erklärt, sie wolle sich nun auch äußern, weil sie hier gern angegriffen werde. Die Verteidiger hätten teilweise eine weite Anreise. Einer käme aus München mit einer sechsstündigen Anreise, die Verspätungen bzw. Zugausfälle der Deutschen Bahn würden dann ihr Übriges tun. Eine käme aus dem Ruhrgebiet.
Naja, so könne man argumentieren, wenn man hin und wieder mal zu spät dran wäre, aber nicht, wenn diese massiven Verspätungen die Regel sind. Dann fährt man einfach früher los. Andere Anwälte bekommen das ja auch hin. Und diese hier wahrscheinlich auch, wenn es nicht um den Fuellmich-Prozess geht, den man gerne noch bis Ultimo verschleppen will.
Es wundert mich, ehrlich gesagt, dass der vorsitzende Richter das alles so achselzuckend hinnimmt und nicht irgendwann einmal sanktioniert.
(Anmerkung der Autorin: Wörmer nannte vermutlich Düsseldorf, aber ich habe das nicht aufgeschrieben, deshalb bin ich mir nicht mehr sicher. Ende der Anmerkung.)
Miseré kommt aus Köln! Und Düsseldorf und Köln gehören zum Rheinland und nicht zum Ruhrgebiet, liebe Nicole. Gaaaanz wichtig!!!!
Die Verhandlung hätte schon starten können, schließlich seien Anwälte schon da gewesen. Man hätte dann gemeinsam entschieden zu warten. In anderen Verfahren, so Wörmer weiter, wäre es üblich, dass bei längeren Anreisen die Verhandlungen später beginnen. Sie gibt zu, dass sie ab und zu später kommt, weil sie nicht genug Puffer eingebaut hat. Die Verzögerungen des Verfahrens kämen doch wohl erheblich dadurch zustande, dass die Staatsanwaltschaft nicht ermittelt habe. Im März 23 sei der Haftbefehl erstellt worden. Herr I. K. habe angeregt, dass auch die Anzeigenerstatter vernommen werden. Man hätte auch Entlastendes ermitteln können, das sei nicht geschehen. Stattdessen habe die Staatsanwaltschaft mit den Anzeigenerstattern zusammengearbeitet. Antonia Fischer habe ausgesagt, mindestens 30 Mal mit Herrn John telefoniert zu haben. Davon ist nichts in der Akte, ebenso wenig wie der Kontakt Johns zu dem Anwalt von Viviane Fischer dokumentiert ist. Und dann, so Wörmer weiter, sei die Anklageschrift falsch gewesen. Sogar noch am 02.02.2024, als die Anklageschrift verlesen wurde, habe sie falsche Daten enthalten sowie falsche Feststellungen, wie beispielsweise, dass keine Alleinvertretungsbefugnis vorlag und dass Paragraph 181 BGB, also das Verbot von Insichgeschäften, für ihn gelte.
Recha unterbricht und sagt: „Kommen Sie zum Punkt.“ Wörmer erwidert, sie würde die ganzen Versäumnisse der Staatsanwaltschaft aufzählen, schließlich würde Recha das ja auch bei ihr machen. Sie fährt fort, dass das zu Verzögerungen führt, und weiter, dass man sich fragt, warum das alles so gemacht wurde. Sie erklärt, sie begrüßt, dass Recha auch mal etwas zu den Beweisanträgen sagt, sonst sei die Staatsanwaltschaft fast unsichtbar gewesen. Der Kollege John habe sich an den Verhandlungen nicht besonders beteiligt, auch er hätte die Zeugen befragen können.
Es ist 13:20 Uhr. Der Vorsitzende erklärt, die Kammer zöge sich kurz zur Beratung zurück. Eine Minute später kommt die Kammer zurück. Der Vorsitzende erklärt, die Anträge würden im Urteil beschieden. Er erklärt weiter, dass die angekündigten Ausführungen Miserés zu den Vollzugsbedingungen des Angeklagten nicht vorgetragen werden könnten, weil dies nicht Teil der Hauptverhandlung sei. Bezüglich der ergänzenden Erklärung des Angeklagten würde er ihm, also dem Angeklagten, nun das Wort erteilen. Miseré erwidert, er würde seine Erklärung trotzdem verlesen, weil diese Teil der Einlassungen seines Mandanten sei. Im Übrigen, so Miseré weiter, seien die Haftbedingungen Teil der Hauptverhandlung, da dies für die Strafzumessung zu berücksichtigen sei.
Nach Rückfragen und Klärung erteilt der Vorsitzende Miseré das Wort. Miseré erklärt, es handle sich um unhaltbare Haftzustände und seine Erklärung sei verbunden mit dem Antrag, einen Gutachter überprüfen zu lassen, ob Fuellmich aktuell noch haft- und verhandlungsfähig sei. Er beantragt ferner eine Unterbrechung zur Durchführung dieser Untersuchung. Sein Mandant würde unter dieser Situation leiden, die Haftbedingungen seien katastrophal und stünden in keinem Verhältnis zu einem Vermögensdelikt. Er habe so etwas in seiner gesamten Laufbahn noch nicht erlebt. Wer meine, das sei normal, dem fehle jegliche Erfahrung. Normalerweise sitze ein Angeklagter eines Vermögensdeliktes nicht in Untersuchungshaft und werde erst recht nicht entführt. Sein Mandant, so Miseré weiter, würde sogleich die Bedingungen in der Untersuchungshaft und während seines Transports zu den Gerichtsverhandlungen erläutern. Bei einer Verschärfung der Haftbedingungen habe das Gericht eine Fürsorgepflicht und sei zur Abhilfe verpflichtet. Es habe außerdem die Haftfrage stets im Auge zu behalten. Das LKA würde die politische Verfolgung fortsetzen, schließlich sei es politischen Ministerien unterstellt. Die Untersuchungshaft von Fuellmich sei ein vorgezogener, politisch motivierter Maßregelvollzug von Corona-Maßnahmenkritikern.
Der Vorsitzende mahnt Miseré, er würde das Thema seiner Erklärung verlassen. Miseré fährt fort: Sein Mandant würde nun seine Haftbedingungen sowie die Bedingungen während des Transports darlegen – etwas, was er im Rahmen von Wirtschaftsdelikten noch nicht erlebt habe. Einzig am Landgericht Mannheim habe er so etwas erlebt, im Prozess um den Rockerclub Hells Angels. Selbst in Terrorismusprozessen wären die Bedingungen erheblich besser. Sein Mandant habe abgebaut, so Miseré weiter. Seine Haftbedingungen seien schwerer als ein normaler Vollzug. Dies müsse also zu einer erheblichen Reduzierung der Haftdauer im Rahmen der Strafzumessung führen, wenn die Haft, so der Schuldiggesprochene, nicht gar schon abgegolten wäre.
Fuellmich erklärt dem Gericht, es sei hoffentlich die vier Strafanzeigen bekannt, welche er bei der Polizeistation Roßdorf gestellt habe. Man habe ihm mitgeteilt, er möge diese Strafanzeigen über das Gericht stellen. Das habe er getan. Seit dem 10. Juni 24 sei er nun von der A2 auf die A0, also die Aufnahmestation, verlegt worden. Dies sei auf Anweisung von Herrn D., einem Sozialarbeiter und stellvertretenden Leiter der Untersuchungshaft, mit der Unterstützung von Frau L., der stellvertretenden Anstaltsleitung, geschehen. Es gebe dort keine Sportmöglichkeiten. Er sei gesondert untergebracht und bewacht und habe keinen Kontakt zu den Mithäftlingen der Stationen 1, 2 oder 3. Seit dem 10. Juni 24 dauere das nun an. Frau W., die Leiterin der Untersuchungshaft, habe ihm gesagt, es täte ihr leid, es würde aufgehoben werden nach einer Woche – nichts sei passiert. Am 5. Mai 24 habe es schon einmal eine Verlegung gegeben, wegen seiner Geburtstagsparty, welche vor der JVA für ihn veranstaltet wurde, damit er nichts davon mitbekommt. Nach dieser zweiten Verlegung vom 10. Juni 24 habe ihm Frau W. gesagt, das würde aufgehoben. Herr D. hätte es damit begründet, dass im Gericht Drohungen, speziell gegen den Vorsitzenden Schindler, eingegangen seien.
Dann lag ich mit der hier geäußerten Vermutung ja genau richtig. Zahlreiche der, vom Standardverfahren abweichenden Maßnahmen, hat Fuellmich seinen „Unterstützern“ zu verdanken. Den Rest hat er sich selber zu verdanken. Er wurde u.a. isoliert, weil er seinen Mithäftlingen Rechtstipps gab, die zu Verschlechterungen von deren Situationen führte. So sprach er von einem „sehr schlauen Afghanen“, dem er geraten habe, sich auf keinen Deal einzulassen und der daraufhin zu mehr als 2 zusätzlichen Jahren Haft verurteilt worden war. Für Fuellmich ist das alles skandalöse Justizwillkür. Ein Unschuldiger sitze nun für mehr als 5 Jahren in Haft. Die Frage, die man sich aber stellen sollte lautet: Wie hat Fuellmich eigentlich die Unschuld seines „Mithäftlicng-Mandanten“ verifiziert? Hmmm?
Später habe er neue Begründungen, jeweils nur mündlich, nie etwas schriftlich geliefert. Es habe nie eine Anhörung gegeben, die ihm eigentlich zusteht. Eine Erklärung war, das LKA habe die Einzelhaft angeordnet.
Wenn es zum Transport zum Gerichtsprozess geht, wird er mit den Handschellen an einem Bauchgurt gekettet, kniet sich auf einen Hocker, damit die Justizmitarbeiter gefahrlos die Fußfessel anlegen können. Er wird dann von anderen Mithäftlingen getrennt und von Polizeimitarbeitern mit Maschinenpistolen begleitet, die eine schusssichere Weste tragen. Ihm würde stets eine Weste angeboten, was er ablehnt, denn: „Auf mich schießt niemand“, und muss mit seiner Unterschrift bestätigen, dass er dafür selbstverantwortlich ist.
Einer, so Fuellmich weiter, habe ihm gesagt, er habe in 25 Jahren noch nie einen derartigen Unsinn erlebt.
Ich auch nicht. Ich habe noch nie erlebt, dass jemand einen lapidaren Untreue-Prozess derartig aufbauscht und sich zum politischen Gefangenen stilisiert. Ich habe auch noch nie erlebt, dass jemand von seinen vermeintlichen Unterstützern derartig und mit schöner Regelmäßigkeit in die Pfanne gehauen wird.
Seit ca. zweieinhalb Wochen seien die Haftbedingungen noch einmal verschärft worden. Herr H., ein schwerst gestörter, psychisch kranker Mann, der eigentlich gar nicht in die JVA gehört, sei in seine Nachbarzelle eingewiesen worden. Dieser Mann sei körperlich verwahrlost, er weint, brüllt und stöhnt stundenlang und antwortet sich selbst mit anderen Stimmen, sodass man den Eindruck bekommt, da wäre tatsächlich eine andere Person in der Zelle. Das wäre die Situation, wie sie sich tagsüber abspielt. Nachts ginge das laute Gebrüll weiter, gepaart damit, dass schwere Gegenstände gegen die Wand und Zellentür geworfen würden. Diese Zelle befindet sich direkt neben seiner eigenen, so Fuellmich weiter. Weder bei ihm noch bei seinem Nachbarn, der 50 m von seiner Zelle entfernt ist, sei an Nachtruhe zu denken.
Fuellmich schaut Staatsanwalt Recha an, beugt sich leicht vor und erklärt: „So viel zum Vorwurf der Staatsanwaltschaft.“ Die vier Wochen Zeit würden nicht genutzt. Hinzu kommt, so Fuellmich weiter, dass die Kommunikationsmöglichkeiten zu seinen Anwälten auf ein Minimum reduziert sind. Seine Anwälte könnten ihn nicht anrufen, er sie schon, aber nur so lange, bis irgendein Häftling auf dem Flur zu sehen ist. Dann müsse das Telefonat unterbrochen werden. Wörmer habe das selbst schon erlebt. So wie die Haftbedingungen Willkür sind, so ist auch die Belegung seiner Nachbarzelle Willkür, und diese Verschärfung habe auch einen Grund. Denn Herr D. P. wisse, dass er, also Fuellmich, mit anderen wesentliche Zeugen in zwei Fällen sei. Der eine Fall ist ein Mithäftling, welcher von Wörmer vertreten wird, der andere Fall ein Mithäftling, welcher von Miseré vertreten wird.
Sein Zellennachbar, der Randalierer, bekäme jetzt Medikamente. „Vielleicht wird er jetzt eingeschläfert, wer weiß“, so Fuellmich weiter. „Alle Mithäftlinge, die mit mir geredet haben, werden schwer beschädigt durch Herrn D. P.“, erklärte er.
Fuellmich geht auf die Vorgänge, bezogen auf die eben angedeuteten beiden Mithäftlinge, ein. Der erste heißt K. R. P. aus Montenegro. Er sei von D. P. schwer körperlich verletzt worden durch Unterlassen. Zwei Mithäftlinge von K. R. P., der eine wegen Mordes, der andere wegen Totschlags angeklagt, der Vorsitzende unterbricht und fragt, was diese Ausführungen mit Fuellmichs Haftbedingungen zu tun haben. Fuellmich antwortet, diese wurden auch wegen seiner, also wegen Fuellmich, verschärft. „Das fällt auf mich zurück“, sagt er. Er habe zu K. R. P. gesagt, er sei selbst schuld, hier inhaftiert zu sein. Fuellmich habe ihm dann erklärt, er als Sozialarbeiter müsse doch wissen, dass keiner der Untersuchungshäftlinge rechtskräftig verurteilt ist und dass folglich die Unschuldsvermutung gelte. D. P. habe geantwortet, er habe in 15 Jahren noch nie erlebt, dass ein in U-Haft befindlicher Angeklagter nicht verurteilt wird. Das heißt, so Fuellmich weiter, D. P. ging davon aus, dass die beiden schuldig waren. Einer des Mordes, der andere des Totschlags. Das heißt, es seien in seinen Augen Killer gewesen. K. R. habe D. P. um Verlegung gebeten, da er bedroht wurde. Sie hätten auf das Namensschild von K. R. den Schriftzug mit den Worten „Zigeuner“ befestigt. K. R. P. sei, wie vorausgesagt, bei einem Hofgang angegriffen worden, und man habe ihm mit einer Glasflasche, die sie nicht hätten haben dürfen, den Schädel eingeschlagen.
Dann sei er auf die A0, die Auffangstation, verlegt worden. In diesem Moment habe Fuellmich gerade mit Wörmer telefoniert und sah den blutverschmierten K. R. und teilte das Wörmer mit den Worten: „Das Auge hängt fast raus.“ Das sei die Schuld von D. P. K. R. P. sei operiert worden. Sein Schädel wurde geöffnet, weil das Jochbein betroffen war. Fuellmich erklärte, er selbst sei Experte, insbesondere im Arzt- und Arzneimittelrecht. Er habe in die Krankenakte Einsicht genommen. Seine Frau wollte ihn im Krankenhaus besuchen, das wurde ihr verweigert. Aufgrund dessen habe K. R. entschieden, sich selbst zu entlassen und in die JVA zurückzugehen. Er kam dann aus dem Krankenhaus zurück. Seine Frau habe ihm beim nächsten Besuchstermin Schmerzmittel bringen wollen. Dadurch kam es zu einer Schlägerei mit dem Sicherheitspersonal. Das heißt, K. R. P. sei somit zum dritten Mal traumatisiert worden: das erste Mal, als ihm der Schädel eingeschlagen wurde, das zweite Mal durch die OP und die Geschehnisse im Krankenhaus, das dritte Mal durch diese Schlägerei. Er sei dann in Isolierhaft genommen worden und seither völlig zusammengebrochen.
Trotzdem habe er noch eine Vollmacht an Fuellmich zur Mandatierung Wörmers übergeben können, um die JVA und D. P. zur Rechenschaft zu ziehen und Schadenersatz zu fordern. D. P. habe das mit der Vollmacht mitbekommen. Fuellmich habe für K. R. P. einen Antrag geschrieben, zu seinem Geburtstag die Isolierhaft zu pausieren. Dieser Antrag sei abgelehnt worden. K. R. habe dennoch in die Küche gedurft, um einen Kuchen vorzubereiten. Fuellmich sei vorbeigegangen und von K. R. gegrüßt worden. Der ihn begleitende Justizmitarbeiter habe ihn dann ermuntert, K. R. die Freude zu bereiten und mit ihm ein Stück Kuchen zu essen. Das habe er getan. „War lecker“, fügte er hinzu. Danach sei K. R. wieder in Isolierung gebracht worden und habe zuletzt aus lauter Verzweiflung seinen frisch operierten Kopf gegen die Wand geschlagen.
Seither sei er verschwunden, und es sei unbekannt, wo er sich befindet und wie es ihm geht. Der zweite Fall, der von Herrn L. P. betroffen ist, würde Fuellmich unmittelbar betreffen. Fuellmmich bezeichnet er ihn als Soziopathen oder Psychopathen. Er habe fundierte Kenntnisse im Medizinrecht, insbesondere im psychiatrischen Bereich, und könne es deshalb beurteilen. Herr L. P. habe Fuellmich und andere Mithäftlinge in unsäglicher Art aufgefordert: „Raus hier“ und in den Gemeinschaftsraum gebeten. Fuellmich habe er dann erklärt: „Kein Stress wegen dem Affen.“
Im Dezember 2023 habe es auf der Station einen Kontakt zu einem Mann mit offener TBC gegeben. Um eine Ansteckung ausschließen zu können, hätten alle eine Blutprobe abnehmen lassen müssen. Fuellmich habe dem widersprochen, denn jeder invasive Eingriff, wozu eine Blutentnahme gehört, sei eine Körperverletzung. Herr L. P. habe erklärt, die Blutabnahme wäre angeordnet worden. Die anderen beiden Häftlinge hätten sich dann das Blut abnehmen lassen. Fuellmich, der sich dem widersetzte, sei jede Woche zweimal untersucht worden.
Am Dienstag, den 8.10.24, habe ich Herrn L. P. aufgefordert, in den Gemeinschaftsraum zu kommen, und ihm mitgeteilt, er müsse nun einen Termin für eine Blutprobe machen, da das Gesundheitsamt das gefordert habe. Fuellmich habe widersprochen, dass so etwas im Schreiben des Gesundheitsamts gar nicht drinstehe. Er sei kerngesund und berufe sich auf einen der Ärzte, die ihn zweimal pro Woche untersuchen. Herr L. P. habe erklärt, er würde sich besser auskennen, und ich müsse nun dieser Anordnung Folge leisten. Ich habe ihm dann erklärt, er habe die Deutsche Bank dazu gebracht, sich zu einigen, mit so einer Pappnase wie ihm.
(Anmerkung der Autorin: Ich kann meine Notizen nicht mehr entziffern. Wie dieser Satz beendet wurde, ist unklar.)
Fuellmich ergänzt die Anstaltsleitung würde sich nicht für die medizinischen Einschätzungen der Ärzte interessieren und diese ignorieren.
Der letzte Fall, den ich bezogen auf seine Haftbedingungen erwähnen möchte, ist ein afghanischer Mithäftling, der mittlerweile ein guter Freund geworden ist. Er sei extrem gut vernetzt, seine Eltern seien sehr wohlhabend und in irgendeiner Weise mit einem ausländischen Geheimdienst verbunden. Dieser Häftling wurde wegen Vergewaltigung angeklagt. Für mich führt das zu den Hintergründen, beispielsweise dass der Angeklagte sich nicht erinnern könne, wie er in das Haus gekommen sei, dass er viel getrunken habe und ein Alkoholproblem gehabt habe. Auch die Zeugin sei in Lügen verstrickt worden. Der Vorsitzende unterbricht und fragt, ob diese Details eines anderen Falles zur Erläuterung seiner Haftbedingungen von Nöten seien.
Fuellmich erwähnt einen Herrn K. P. und spricht Schindler direkt an: „Ihr Vorgesetzter.“ Seitdem dieser Fall an Herrn K. P. herangetragen wurde, habe sich alles verschlimmert. Die angeblich Vergewaltigte habe an das Geld der Familie des Angeklagten gewollt. Sicherheitshalber habe man noch zwei bis drei weitere Positionen aufführen wollen, die beweisen, dass sie lügt. Frau A. K. sei von Herrn K. P. gesagt worden, dass es für den angeklagten Afghanen negative Konsequenzen hätte, wenn er Anträge stellen würde. Der Vorsitzende fragt erneut, was das mit der Situation von Fuellmich zu tun hätte. Miseré ergreift kurz das Wort, ich kann jedoch nicht verstehen, was er sagt.
Fuellmich fährt vor: „Ich halte mich gut.“ Sicherlich bin ich schwer angeschlagen, gegebenenfalls traumatisiert. Miseré verweist auf seinen Antrag, die Haftbedingungen müssten sich ändern. Er spricht die Kammer an: „Sie haben die Pflicht einzugreifen.“
Fuellmich fährt fort, dass I. K. weiß, dass Fuellmich den afghanischen Angeklagten beriet. I. K. habe D. P., also den Sozialarbeiter und stellvertretenden Leiter der U-Haft, angewiesen, den Afghanen zu isolieren. Er habe Schwierigkeiten bekommen, weil er Fuellmich in der Isolierhaft grüßte. Irgendwann sei er so fertig gewesen, dass er um psychologische Hilfe bat. 15 Sicherheitsleute hätten ihn aus der Zelle geholt, zusammengeschlagen und sexuell missbraucht. Anal, während sie penibel darauf achten, dass die Überwachungskameras davon nichts aufnehmen konnten, danach hätten sie ihn in den Bunker geworfen. Da wäre nur ein Loch im Boden. Dies sei auf Anordnung von D. P. geschehen.
Fuellmich macht eine mindestens zehnsekündige Pause. Er ringt nach Fassung, sein Oberkörper ist leicht über den Tisch gebeugt. Sein rechter Ellbogen stützt auf dem Tisch, sein rechter Unterarm zeigt mit einem ca. 20° Winkel zu seinem Oberkörper nach oben. Die Hand ist nach oben hin ausgestreckt, die Handinnenseite zeigt in Richtung Kammer, die Handaußenseite in Richtung Zuschauer, die Finger gespreizt. Er will weiterreden, aber kann nicht. So verharrt er mindestens 10 Sekunden und ringt nach Fassung mit Knoten im Hals. Aber sehr klar in seiner Art ergänzt er, während er seine Hand runternimmt und jede Silbe dieses Satzes durch einen Zeigefingertipp auf den Tisch betont: „Und dafür wird jemand bezahlt.“
Fuellmich fährt fort mit seinen eigenen Haftbedingungen. Für den Transport würde er gegen 8 Uhr rausgeholt, in eine andere Zelle gebracht, fotografiert, in eine andere Zelle gebracht und durchsucht. Er müsse sich auf einen Stuhl hocken, damit die Fußgelenke mit einer Fußfessel versehen werden können. Dann kämen die Handschellen an den Bauchgurt. Sie würden von der Polizei begleitet, diese trügen kugelsichere Westen. Wenn er diese für sich ablehnt, müsse er eine Erklärung unterschreiben, dass er selbst die Verantwortung übernimmt. Die Beamten, alleamt in Ordnung, würden ergänzen, dass es sein kann, dass ihn eine fehlgeleitete Kugel treffen könnte. Mit dem Wagen würden sie dann in die Schleuse fahren und auf die Polizei warten. In Begleitung der Polizei fahren sie dann zum Gericht. Dort fahren sie in den Keller. Dort würden ihm die Fußfesseln dann abgenommen. Sobald er in die Anstalt zurückkommt, müsse er sich komplett entkleiden. Die Kleidung wird durchsucht. Manchmal wird er auch vergessen, ergänzt er fast schmunzelnd. So seien die Umstände und der Grund, warum die Beweisanträge gegebenenfalls etwas länger dauern. Er könne nur telefonieren und das auch nicht nach Belieben. Er hätte keinen Zugriff auf E-Mails, und Faxe würden tagelang zurückgehalten. Mit der Fußfessel könne er nur Trippelschritte machen. Würde er fallen, so Fuellmich weiter, würde er sich mit Sicherheit beide Handgelenke brechen. Die Beamten würden aber gut auf ihn aufpassen, dass er nicht fällt. Und das alles wegen drei Anzeigeerstatter-Verbrechern, die gelogen haben, um sich das Geld zu teilen. Obwohl Staatsanwältin Reinike dieses Verfahren zuvor unter Würdigung aller Umstände eingestellt hat, unterbricht der Vorsitzende und weist darauf hin, dass Fuellmich nun in eine unerlaubte Würdigung rutscht.
Fuellmich beendet seine Ausführung. Der Vorsitzende geht über zur Tagesordnung. Es herrscht eine beklemmende Stimmung. Zuschauer weinen. Der Vorsitzende erklärt, die Beweisaufnahme sei somit geschlossen und erteilt Staatsanwalt Recha das Wort. Dieser schließt sich den Ausführungen und Anträgen seines Kollegen John an. Der Vorsitzende und Richter Hog stimmen sich für die Zuschauer nicht hörbar über etwas ab. Der Vorsitzende spricht Miseré an: „Sie wollten mir was mailen.“ Antworte: „Ist unterwegs.“
Es ist 14:04 Uhr. Der Vorsitzende erklärt: „Wir unterbrechen kurz.“ 14:21 Uhr erklärt der Vorsitzende, man würde die Erklärungen und Anträge zu den Haftbedingungen außerhalb der Verhandlung entscheiden. Miseré erwidert, er habe die unverzügliche Aussetzung der Hauptverhandlung beantragt, um seinen Mandanten einer Untersuchung zu unterziehen. Er wolle, dass das unverzüglich passiert. So Miseré weiter. Der Vorsitzende erklärt, er wolle fortfahren. Sollte die Untersuchung ergeben, dass der Angeklagte nicht verhandlungstauglich wäre, so würden die Ergebnisse von heute ohnehin verworfen. Miseré erklärt, er wolle dann weitere Beweisanträge einreichen, da er nicht wisse, ob sein Mandant verhandlungsfähig ist. Er besteht auf der unverzüglichen Untersuchung und erklärt, es gäbe sonst die Strafanzeige, die ginge dann direkt an den Generalbundesanwalt. Die liegt auch schon auf seinem Tisch. Der Vorsitzende gibt zu Protokoll, dass er beabsichtigt, das Verfahren fortzusetzen, dass Miseré das beanstandete und die unverzügliche Untersuchung des Angeklagten fordert. Miseré fordert einen Beschluss der gesamten Kammer auf unverzügliche Prüfung der Verhandlungsfähigkeit. Wörmer erklärt, sie wolle einen Antrag nach Paragraph 109 und 114 des Strafvollzugsgesetzes einreichen. Der Vorsitzende erklärt, das könne man außerhalb der Hauptverhandlung machen und weiter, dass die Kammer kurz bereit sei.
Die Kammer kehrt kurze Zeit später zurück und erklärt, dass die Hauptverhandlung unterbrochen wird. Fortsetzung am Freitag, 18.10.2024, 09:15 Uhr. Für den Fall, dass es am Freitag weitergehen würde, würde die Kammer begrüßen, wenn Anträge vorabgeschickt werden könnten. Er spricht Miseré an und fragt, ob er seinen Antrag jetzt überreichen könnte. Miseré antwortet, er könne ihn diktieren. Der Vorsitzende lehnt ab und verweist auf kommenden Freitag. Siemund fragt, wann die Kammer über die Adhäsionskläger entscheidet. Schließlich habe er einen Beweisantrag gestellt, dass die Gesellschaft nicht existiert. Der Vorsitzende erklärt, dies geschehe spätestens im Urteil.
Die Sitzung wird beendet. Bis zum nächsten Mal, tschüss.
Anmerkungen:
Der eine oder andere wird sich nun vielleicht unwillkürlich fragen, warum die Verteidigung ihren Mandanten unter den geschilderten Umständen nicht sofort aus diesen Haftbedingungen befreit. Wie Fuellmich selber sagt, handelt es sich bei diesen Bedingungen der Untersuchungshaft um besonders schlimme Haftbedingungen. Verfolgt man den gesamten Prozess, so wird klar, dass das Gericht den Fall bereits im Mai abschließen wollte. Seither verzögert die Verteidigung diesen Abschluss mit offensichtlichen Verzögerungsmethoden. Diese verlängern die Untersuchungshaft unnötig.
Gleichzeitig beschreibt Fuellmich katastrophale Haftbedingungen mit drastischen Worten und Bildern.
Was also geht hier vor:
Wer die Justizgeschichte kennt, der hat sicher schon längst bemerkt, dass man hier fast 1:1 die RAF und ihre Verteidigung kopiert. Auch damals sprach man von Isolationsfolter und dramatischen Haftbedingungen. Am Ende opferte man den Strafgefangenen Holger Meins, den man nötigte, sich zu Tode zu hungern. Alles nur, um die Bevölkerung in Empörung zu versetzen. Ich würde mich nicht sehr wundern, wenn auch Fuellmich bald ankündigt, in den Hungerstreik zu gehen.
Fuellmich will den Prozess mit allen Mitteln zu einem Politikum machen, was seinerzeit die RAF-Prozesse eindeutig waren und seiner eindeutig nicht ist. Kein RAF-Mitglied war je nur wegen Untreue angeklagt. Das mag einen Christof Miseré aber trotzdem nicht daran hindern, sich als eine Neuauflage eines Otto Schily zu sehen.