Wenn aus Justiz Theater wird: Der Frankfurter „Reichsbürger“-Prozess als Paradebeispiel eines entgleisten Staatsschauspiels

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Die öffentliche Empörung war anfangs riesig. Eine „rechtsterroristische Vereinigung“, angeblich bereit, den Bundestag zu stürmen, die Republik zu kippen, das ganze Programm. Doch im Gerichtssaal von Frankfurt herrscht inzwischen eine andere Atmosphäre: Tristes Durchforsten von belanglosen Mitschnitten, endlose Chatprotokolle, in denen nichts – absolut nichts – danach riecht, dass hier ein Terrorapparat geschmiedet wurde. Konkrete Gefahr? Fehlanzeige.

Man wünschte sich fast, die Angeklagten hätten auch nur eine einzige nachvollziehbare Straftat begangen – eine Sachbeschädigung, eine tätliche Auseinandersetzung, irgendetwas, das sich überhaupt in der Realität verorten lässt. Etwas, das einen Schaden verursacht, den man messen und juristisch greifen kann. Aber nein – außer absurden Fantastereien liegt nichts auf dem Tisch.

Und doch sitzen neun Menschen mittlerweile ihr viertes Weihnachten in Untersuchungshaft. Der Generalbundesanwalt konstruiert aus ihren wirren Gedanken ein Bedrohungsszenario, das in der echten Welt nie stattgefunden hat. Kein bewaffnetes Eindringen, keine Geiseln, keine Verletzten, keine Toten – nur die Behauptung, sie hätten theoretisch etwas Schreckliches tun wollen.

Die Justiz verhandelt längst nicht mehr über Taten, sondern über das, was in einer Parallelwelt vielleicht möglich gewesen wäre. Ein abstraktes Gefährdungsdelikt, das hier auf eine bizarre Spitze getrieben wird: Es gibt nicht einmal Hinweise, dass selbst diese Abstraktion realistisch gewesen wäre.

Einige der Angeklagten hingen an weltfremden Mythen herum – jener „Allianz“ aus überirdischen Mächten, Verschwörungsmärchen im QAnon-Stil, die im Internet bekanntermaßen reihenweise Menschen in den Wahn treiben. Ein Sammelsurium aus Echsenmenschen, angeblichen Untergrundanlagen, Kinderfolterstätten und einem „militärischen Befreiungsschlag“. Nichts davon existiert. Nicht ein einziger Beweis je gefunden. Trotzdem glaubten manche daran. Tragisch – aber kein Verbrechen.

Der Prozess aber behandelt diese Spinnereien so, als wären sie eine Art Blaupause für einen Staatsstreich. Wochenlang lesen Richter belanglose Telegram-Chats vor. Man hofft offenbar, durch schiere Masse irgendwo doch noch den Funken Bedrohung zu finden.

Vergeblich.

Selbst ein Zeuge aus dem Lauterbach-Entführungsprozess erklärte lachend, man habe in diesen Kreisen viel dummes Zeug geredet, ständig Termine für den angeblichen Eingriff der „Allianz“ verschoben – ein absurdes Ritual zur Selbstberuhigung, mehr nicht. Handlungsbereitschaft? Null.

Und dann die Figur Max Eder, Oberst a.D. – einst Soldat, heute Gefangener seiner eigenen Mission. Er schildert mit geradezu tragischer Inbrunst, wie er Kinder aus imaginären Kellern befreien wollte. Dass seine Erzählungen jede militärische Logik verhöhnen, merkt er offenbar selbst nicht mehr. Seine Pläne klingen nach einer Mischung aus Nostalgie nach alten Befehlsstrukturen und völliger Wirklichkeitsvernebelung. Keine Rede von einem Reichstagssturm – er hält diesen sogar für „völligen Unsinn“.

Der Mann hat sich, wie es aussieht, schlicht ruinieren lassen. Verschuldet, Haus verkauft, an nebulöse Gestalten gezahlt. Genauso wie andere Angeklagte, die teils sechsstellige Summen in die Rettung „unterirdischer Kinder“ gesteckt haben. Ob aus Naivität, Überzeugung oder weil sie von irgendwem perfide ausgenommen wurden – sei dahingestellt.

Aber Terroristen? Ernsthaft?

Nach rund 100 Verhandlungstagen kristallisiert sich ein Bild heraus, das jede Dramatik aus der ursprünglichen Terror-Erzählung bläst:
Eine Gruppe gutgläubiger, überforderter, teils verwirrter Menschen, die belogen wurden – oder selbst die Falschen belogen haben.
Beweise für eine echte, konkrete Terrorabsicht? Bis heute: nicht vorhanden.

Während der Prozess immer weiter zerfällt – ausgefallene Termine, erkrankte Richter, verstorbene Angeklagte – hält man dennoch stur an der U-Haft fest. Die Verteidiger sprechen inzwischen offen von der „Ruine einer Anklage“. Und genau so sieht es aus.

Was bleibt, ist der Eindruck eines gigantischen Justizprojekts, das mit lautem Getöse gestartet wurde und nun wie ein Kartenhaus in sich zusammensackt. Statt eines Terrornetzwerks zeigt sich eine tragikomische Mischung aus Wahn, Verlust, Leichtgläubigkeit und vermutlich auch Betrug.

Die entscheidende Frage drängt sich auf:
Geht es in diesem Verfahren wirklich um Terrorismus – oder darum, einen gigantischen Irrtum nicht eingestehen zu müssen?

Solange diese Frage nicht beantwortet ist, bleibt der Prozess das, was er längst ist:
Ein staatsanwaltlich erzeugtes Schreckgespenst, das unter seinem eigenen Gewicht zusammenbricht.

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