Prozessbeobachtung OLG Frankfurt. „Reichsbürgerprozess“ 04.12.2024 Teil 3

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Prozessbeobachtung OLG Frankfurt. „Reichsbürgerprozess“ 04.12.2024 Teil 3

Zum Verwaltungsgerichtsverfahren steht im Protokoll, daß MF mit eigenen Augen Gewalttaten von Polizisten in Berlin gesehen, Lügen und falsche Aussagen von Polizisten erlebt habe, z.B. bei einer Demo in Dresden. Das sei nicht mehr die Polizei, die er kennengelernt habe. Der Zeuge ergänzt von sich aus, daß er das gut erinnere, und daß es dabei um das Verwenden verfassungswidriger Kennzeichen (Hitlergruß) auf dieser Demo gegangen sei. Den Ausgang des Verfahrens kennt er allerdings nicht.

Weiter steht im Protokoll, daß das Disziplinarverfahren und die Entlassung aus dem Dienst ein schwerer Schlag für MF war, er habe da einen „richtigen Knacks bekommen“, da so etwas normalerweise nur bei einem schweren Verstoß oder einer Straftat üblich sei. Im Dezember 2020 habe er dann die Idee gehabt die Polizisten für Aufklärung zu gründen. Dort kam dann die Idee für einen „D-Day“ auf, womit bundesweite Blockadeaktionen gemeint waren, wie sie z.B. auch die Klimaaktivisten durchgeführt hätten. Der Zeuge erinnert auch das und ergänzt von sich aus, daß damit Straßenblockaden mit LKWs gemeint waren. Vor dem Kontext der Corona-Problematik sollte damit zu einer politischen Wende motiviert werden. Zur Vernetzung des Vereins meint er, daß dazu telegram genutzt wurde, müßte das aber zur Konkretisierung nachlesen. Dies übernimmt dann der Vorsitzende und stimuliert damit die Erinnerung des Zeugen, der ergänzt, daß MF zu einem späteren Zeitpunkt keinen Administratoren mehr für seinen telegram-Kanal hatte und dann sein privater Kanal mehr oder weniger „eingeschlafen“ sei.

Als Motivation für den Eintritt in „Die Basis“ wird verlesen, daß für MF im Rahmen einer Vorstellung der Partei das Konzept der Basisdemokratie und den 4 Säulen relativ gut klang. Im Kontext mit den überzogenen Corona-Maßnahmen fühlte er sich dort gut aufgehoben. Weiter heißt es dort, daß MF zum Jahreswechsel 2021 zusammen mit seiner Partnerin den Abschnitt Hildesheim gegründet habe und bei der Bundestagswahl Spitzenkandidat für Niedersachsen und Direktkandidat für den Kreis Hildesheim war. Die Arbeit im Vorstand der Polizisten für Aufklärung habe er dann aufgegeben und sei dort nur noch Mitglied gewesen. Er habe dann einen eingetragenen Verein gegründet, aber kein Bankkonto dafür bekommen, sodaß keine Beiträge eingezogen und Spenden gesammelt werden konnten. Das habe nicht zu seiner Auffassung von Rechtsstaatlichkeit gepasst. Auch daran erinnert sich der Zeuge und bestätigt, daß vor allem das Thema Corona ein großes Thema bei MF war. So habe er immer wieder Fragen in den Raum gestellt, ohne aber Antworten zu geben, wie z.B. „Wie sind denn die Zahlen? „Wo ist denn die Grippe? Hat die Urlaub gemacht? Oder war Corona die Grippe?“ Das habe man dann interpretieren können, wie auch immer man will. Das Thema Basisdemokratie wäre auch immer wieder aufgekommen, auch später bei den Heimatschutzkompanien. Solche Passagen würde man in der Vernehmung immer wieder an verschiedenen Stellen finden. Es geht dann noch um die Wahlkampfarbeit des MF und die Enttäuschung, als die Wahlergebnisse bekannt gegeben wurden. Er habe wirklich die Hoffnung gehabt, daß man viele Menschen mitnehmen könne, musste aber feststellen, daß politische Arbeit hier nicht möglich sei. An dem Tag habe er festgestellt, politisch würde sich nichts verändern.

Der Vorsitzende will dann noch vom Zeugen wissen, ob MF etwas zum Begriff „Reichsbürger“ gesagt habe. Er meint, dieser habe selbst die Frage gestellt, was Reichsbürger überhaupt seien und dazu verschiedene Auslegungen dargeboten. Eine davon, die er noch erinnert, wäre gewesen, daß Reichsbürger die Bezeichnung für Menschen gewesen sei, die in deutschen Kolonien gelebt hätten, allerdings keine deutschen Staatsbürger waren. Dies wird dann durch Verlesung der Passage bestätigt und noch um weitere Varianten ergänzt, nämlich die Reichsbürger, die im 3.Reich existiert und für ihre besondere Treue eine Urkunde erhalten hätten oder das, was der Verfassungsschutz definiert hat. Er sei aber kein Reichsbürger und habe auch keine Urkunde, man könne ja auch nicht einfach behaupten, er sei ein Farbiger oder Neger. Er sehe sich lediglich als Bürger dieses Reiches.

Richter Bonk nennt nun die Namen „Ballweg“ und „Fitzek“ und fragt, ob die im Rahmen der Vernehmung aufgegriffen wurden und falls ja, in welchem Zusammenhang.

RA Lober (für Birgit M.-W.) beanstandet diese Frage, weil zum einen die vorige Aufklärung zur Reichsbürgerthematik noch nicht abgeschlossen sei. Es wäre nicht klar geworden, an welche der umfangreichen Vorhalte zu diesem Thema der Zeuge sich konkret erinnert. Es fällt ihm auch auf, daß im Vernehmungsprotokoll immer diese eckigen Klammern mit zustimmenden Anmerkungen und Einwürfen auftauchen. Dies deute darauf hin, daß ein spezifisches Aussageverhalten des MF erwartet und vom Vernehmungsbeamten gefördert wurde.

Der Zeuge erklärt, das sei eine Zustimmung zum aktiven Zuhören gewesen. Es wäre eine mehrtägige Vernehmung gewesen und sollte keine zu starre Situation sein, sondern auch eine entsprechende angenehme Atmosphäre geschaffen werden, und im Rahmen der Gesprächsführung sei das für ihn ein Mittel gewesen zu sagen „wir hören auch zu“. Zu den Erinnerungen sagt er, daß er sich ursprünglich nicht an die konkreten Formulierungen erinnern konnte, sondern nur Teile davon, was dem Umfang der Vernehmung geschuldet sei. Aber an bestimmte Ausdrücke könne er sich schon explizit erinnern, wie z.B. Farbiger oder Neger, weil das schon herausragende Worte seien, die man nicht alltäglich hört.

Der Zeuge beantwortet dann die Frage nach Ballweg und Fitzek. Seiner Erinnerung nach wäre MF im Nachgang zu einer Demo eingeladen worden zu einem „speziellen Kreis“. Dort wären auch Ballweg und Fitzek gewesen, der eine bekannt durch „Querdenken“, der andere durch das „Königreich Deutschland“. MF habe sich aber nicht damit identifzieren können und vermutet, daß die beiden vom Verfassungsschutz seien, weil sie recht schnell viele Leute mobilisiert haben. Das sei irgendwie seltsam gewesen. Es sei dann auch die Polizei gekommen und gesagt worden, daß alle Polizisten schnell verschwinden sollten, damit sie nicht notiert werden. Später hätte man sich dann im Wald mit Leuten getroffen, die aber keine weitere Rolle hier spielten.

An dieser Stelle macht der Richter nun 20 Minuten Pause und will dann noch die Kennenlernverhältnisse zu weiteren Personen abfragen, die MF in der Vernehmung geäußert hat.

Der Zeuge soll erzählen, welche und was ihm da noch in Erinnerung sind. Er schaut dazu in die Runde der Beschuldigten und beginnt bei Max E., den MF recht früh bei Demos in Berlin 2020/2021 kennengelernt habe. Max E. habe sich intensiv mit dem Kampf gegen Pädophilie befasst und dann die ersten Kontakte zur Gruppierung hergestellt durch ein erstes Treffen in Helmbrechts im Herbst 2021. (Anmerkung: die zwei Helmbrechts Treffen waren bereits am 11.11.2024 am 31. Verhandlungstag des OLG Stuttgart dort Thema)
Johanna F.-J. habe MF über die Partei „Die Basis“ bei einem Parteitreffen in Berlin kennengelernt. Später im August 2022 wäre er mit ihr einige Wochen auf einer Wohnmobiltour in Polen, Belgien und Richtung Usedom unterwegs gewesen. Auch sie wäre mit dem Kampf gegen Kindesmißbrauch vor allem in der Schweiz und dem Fall Nathalie beschäftigt gewesen. Zu Birgit M.-W. habe MF erzählt, daß sie auch an einem Treffen teilgenommen habe, sich aber bezüglich einiger Aspekte in der Gruppierung stark distanziert habe, wie zum Beispiel die esotherische Aspekte, Satanismus, besetzte Seelen und sich da sehr zurückgehalten habe. Sie wurde dann eher bei rechtlichen Themen mit anderen Juristen hinzugezogen. Insofern habe MF recht wenig Kontakt mit ihr gehabt. Prinz Reuß wurde als ruhiger und sachlicher Herr bezeichnet, der von Anfang an dabei war und an allen Treffen seit Helmbrechts teilgenommen habe. Seine Themen waren Verfassungsrecht, Souveränität und die 1871er Verfassung. Er habe im späteren „Rat“ den Vorsitz gehabt, sollte sich aber nach dem Einschreiten der „Allianz“ im Hintergrund halten und sich um die staatsmännischen Verträge kümmern, z.B. die Friedensverträge. Peter W. wurde von MF als sachlich und freundlich wahrgenommen und sei auch sehr früh schon dabei gewesen, namentlich benannt wurde das Helmbrechts-Treffen. Wie die Beziehung zwischen den beiden war, wurde nicht angesprochen. Vitalia B. habe MF erst in Bad Lobenstein kennengelernt, sie habe sich dort um Verpflegung und Empfang gekümmert und im Hintergrund gehalten. An den Ratstreffen wäre sie nicht beteiligt gewesen. Rüdiger v.P. habe MF erst später beim 2. Helmbrechts-Treffen kennengelernt. Zu ihm habe er eine engere Beziehung gehabt und mit ihm zusammen später auch einmal mehrere Wochen bei Andreas M. gewohnt. RvP sei aber in der Gruppe immer sehr dominant aufgetreten. Zu Andreas M. habe MF ein bruderschaftliches Verhältnis gehabt und ihn als sehr friedlich und nett beschrieben. Allerdings habe er ihn erst im 2. Halbjahr 2022 kennengelernt, als er bei ihm zu Besuch war. MF habe gerne Zeit mit ihm verbracht.

Die nun folgenden Namen wurden vom Vorsitzenden abgefragt, da sie dem Zeugen nicht mehr spontan eingefallen sind.

Hans-J.H. hat MF vor der Berlin Demo getroffen und von ihm den Laptop für Max E. bekomen, den er in Berlin übergeben sollte. Später sei er dann zu den beiden Helmbrechts-Treffen mit ihm zusammen gefahren und war auch danach noch bei Treffen dabei. Ob er später noch eine große Rolle bei den Aussagen von MF gespielt habe, kann der Zeuge nicht mehr erinnern. Thomas T. war MF nur bekannt als „Thomas der Seher“ und wäre beim 2. Helmbrechts-Treffen mit dabei gewesen. Er soll seherische Fähigkeiten gehabt haben und war Berater von Prinz Reuß. Christian W. sei erst später in Erscheinung getreten. Er erinnert hier nur, daß bei einem Treffen bei Andreas M. sowohl RvP als auch Christian W. eine Schußwaffe dabei gehabt hätten. Elmar S. wurde im Zusammenhang mit Bad Lobenstein benannt. Er habe sich ähnlich wie Vitalia B. um logistische Angelegenheiten und die Gäste und Verpflegung gekümmert. Man sei auch einmal zusammen Essen gegangen. Ruth (Hilde) L. wurde auch benannt und habe wohl astrologische Fähigkeiten gehabt. Bei einem der Treffen habe sie MF eine Auswertung gezeigt, nachdem ein großer Wandel in der nächsten Zeit bevorstünde. Sie war die astrologische Beraterin und bei verschiedenen Ratstreffen mit dabei. Dr. Markus K. wurde erwähnt im Zusammenhang mit dem ersten Treffen nach Helmbrechts. Er wurde auch zu Prinz Reuß eingeladen, da sei es um fiskale Themen gegangen. Man hoffte über ihn Kontakte mit der Wirtschaft knüpfen zu können, um später an finanzielle Resourcen zu kommen. Im weiteren Verlauf der Vernehmung sei MF aber nicht näher darauf eingegangen und es habe dann auch keine Rolle mehr gespielt. Paul G. sei erstmals bei einem Treffen bei Hilde L. zu Hause gewesen. Er sei Jurist und habe die Dinge durchaus kritisch gesehen. Das sei damals ein Kennenlern-Treffen gewesen, bevor der Rat zum ersten Mal offiziell getagt habe und müsse im April/Mai 2022 gewesen sein. Bei dem Treffen seien dann auch Satellitentelefone verteilt worden. Dr. Melanie R. war auch im Rat gewesen und habe dort über medizinische Themen gesprochen, auch insbesondere über kritische Aspekte der Impfung. Frank H. wurde auch erwähnt zu einem späteren Zeitpunkt an der Wohnanschrift des Andreas M. Er habe dort gekocht und sich um das leibliche Wohl gekümmert. Bei diesen Namen möchte es der Vorsitzende vorerst belassen und würde noch gerne zu den benannten Personen Nachfragen stellen.

Er will zunächst wissen, ob es eine Besonderheit in der Beziehung zu Johanna F.-J. gegeben habe. Der Zeuge erinnert an den Bruch in der Beziehung des MF zu seiner Lebensgefährtin, die seien zweitweise getrennt gewesen, und während dieser Zeit sei MF mit Johanna zusammen im Wohnmobil unterwegs gewesen. Zu einem späteren Zeitpunkt habe sie auch gefragt, ob sie zu einem Treffen bei Andreas M. dazu kommen solle, was er bejaht habe.
Zu Birgit M.-W. habe kaum Kontakt bestanden, den ersten Kontakt ordnet der Zeuge zeitlich ein bei einem Ratstreffen im Mai/Juni 2022. Man habe jedoch gemerkt, daß diese beiden nicht viel Kontakt miteinander hatten.
Die Besonderheit bei Hans-J.H. war, daß er diesen schon vorher kannte und zu den ersten Treffen mitgenommen habe. Nach dem 2. Treffen habe MF dann Bedenken bekommen und auf der Rückfahrt gefragt „was soll das Ganze eigentlich, wo soll das hinführen?“
Zu der Laptop Geschichte mit Max E. meint der Zeuge, das Hans J.-H. da als Freund helfen wollte wegen des angeblich gestohlenen Autos (samt Laptop), und daß da später auch Geldbeträge investiert worden seien. Er habe da einen Betrag von 20000,- € im Kopf, aber bittet darum, daß das nicht auf die Goldwaage gelegt wird.
Wann der erste Kontakt zu Christian W. stattfand, erinnert der Zeuge konkret nicht und kann auch nach Vorhalt des Vernehmungsprotokolls nicht abschließend geklärt werden. Lt. Aussage des MF habe dieser Christian W., Vitalia B., Elmar S. und einen Siggi erst bei einem Ratstreffen kennengelernt. Bei welchem genau, bleibt offen. Bei den Helmbrechts-Treffen wäre er aber auf jeden Fall nicht dabei gewesen.
Zur zeitlichen Einordnung des Kennenlernens der Ruth (Hilde) L. erinnert der Zeuge, daß es noch zwei weitere Treffen nach Helmbrechts gegeben hat. Das eine wäre mit Markus K. gewesen, und Hilde L. habe MF vor seiner Schwedenreise bei einem Treffen erstmals kennengelernt. Geographisch habe er dazu Frankfurt im Kopf. Richter Bonk bestätigt dies dann mit einem Vorhalt aus dem Vernehmungsprotokoll. Daraus geht hervor, daß sich im November oder Anfang Dezember 2021 insgesamt 8 Leute in einer Waldgaststätte südlich von Frankfurt getroffen haben. Das Treffen habe Max E. vorgeschlagen. Hierbei habe MF zum ersten Mal Ruth (Hilde) L. getroffen. An diesem Treffen haben Rüdiger v.P., Max E., Thomas T., Ruth (Hilde) L., Prinz Reuß, Peter W., Markus K. und Michael F. teilgenommen.

Damit will es der Vorsitzende für heute belassen und beendet den Sitzungstag um 15:50 Uhr. Da die Verhandlungstermine in der KW50 aufgrund der Erkrankung eines Senatsmitglieds aufgehoben wurden, wird die Verhandlung erst am Dienstag, den 17.12.24 um 9:30 Uhr fortgesetzt mit der weiteren Einvernahme des Zeugen KHK Lasse K. zu den einzelnen Treffen.

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