Prozessbeobachtung OLG Frankfurt. „Reichsbürgerprozess“ 22.10.2024 – Teil 2

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Prozessbeobachtung OLG Frankfurt. „Reichsbürgerprozess“ 22.10.2024 – Teil 2

Während der Erklärung von RA von Alvensleben stürmt der Wahlverteidiger RA Großenbach (für Max E.) aus dem Zuschauerraum in den Gerichtssaal und kniet sich wild gestikulierend und auf seinen Mandanten und RA dalla Fini einredend vor deren Tisch nieder. Richter Bonk rügt ihn sofort, dies sei keine angemessene Form so hier in der Hauptversammlung zu erscheinen und völlig respektlos gegenüber RA von Alvensleben, der gerade seine Erklärung abgibt. Zudem würden Anwälte üblicherweise in Robe erscheinen. Er fordert ihn auf, sich vorerst hinzusetzen und erlaubt ihm ggf. später eine Erklärung abzugeben. RA Großenbach entschuldigt sich dann, verzichtet aber nach Rücksprache mit RA dalla Fini darauf und verschwindet wieder im Zuschauerraum. Richter Bonk möchte so etwas nicht noch einmal erleben. Wenn RA Großenbach künftig etwas zu sagen habe, möge er in Robe an der Verhandlung teilnehmen.

RA’in Hamed (für Hans-J.H.) möchte an RA Lobers Erklärung anknüpfen, da es in den Videos ja im Wesentlichen um das Thema Pädophilie ginge und Max E. mehrfach erwähnte, daß er dafür 6-stellige Beträge ausgegeben habe. Für den hiesigen Prozess spiele ja die Frage der Verwendung des Geldes eine große Rolle. Sie zitiert dann gegen Richter Bonks Widerstand zwei Passagen aus einem FAZ.net Artikel vom 4.1.24: „Auch in einem Verleumdungsprozess, den das mutmaßliche Opfer Virginia Roberts Giuffre im Jahr 2015 gegen Maxwell anstrengte, fielen prominente Namen. Sie blieben nach der Einigung auf die Zahlung einer unbekannten Summe aber ebenfalls unter Verschluss. Ein New Yorker Gericht hatte Roberts Giuffre zuvor ein „Opfer fortgesetzter sexueller Gewalt gegen Minderjährige in den Jahren 1999 bis 2002“ genannt. Die Kalifornierin sagte damals aus, wiederholt auf Little Saint James zu Sex gezwungen worden zu sein – mit Epstein, aber auch mit Mitgliedern seiner Entourage wie Prinz Andrew, dem Bruder des britischen Königs Charles III.“

und

„Die inzwischen eingestellte Website Gawker hatte schon vor einigen Jahren zu Epsteins Entourage recherchiert. Neben den ehemaligen Präsidenten Clinton und Trump fielen den Redakteuren des Medienblogs damals auch die Namen des früheren Bürgermeisters von New York, Michael Bloomberg, und des ehemaligen Außenministers Henry Kissinger ins Auge“

FAZ.net Artikel vom 4.1.24, „Ich weiß genau, dass es noch mehr waren“
Von Christiane Heil, Los Angeles – hinter Bezahlschranke
https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/jeffrey-epstein-wer-flog-mit-dem-sexualstraftaeter-auf-die-pedophile-island-19424993.html
frei lesbar:
https://archive.is/KxXwu

Sie will damit sagen, daß dies zunächst alles ziemlich unglaubhaft und unglaubwürdig klingt, wenn man es zum ersten Mal hört. Allerdings sei der Fall Epstein bis heute nicht aufgeklärt. Man könne durchaus Menschen davon überzeugen, daß es so etwas auch in Europa gibt. Auch hätte diese Webseite dazu recherchiert lange bevor sich die Justiz damit befasste. Das hier Gehörte könne also nicht unbedingt als Phantasterei abgetan werden, und es sei durchaus nachvollziehbar das große Geldsummen da hinein geflossen sind und eben nicht in einen Reichstagssturm oder ähnliches.

RA von Alvensleben (für Prinz Reuss) ergänzt seine Erklärung und erinnert an den Fall Lüdge, mit dem er selbst befasst war. Damals sei sogar aus einem Polizeirevier ein Koffer mit belastendem Material und CDs verschwunden. Dies sei genau zu der Zeit der Aktivitäten der hier Beschuldigten bundesweit in den Medien gewesen. Und wenn nun sein Mandant das damals in der Presse verfolgt hat, sei durchaus nachvollziehbar, daß auch er helfen wollte so etwas aufzudecken und dafür Geld gegeben hat.

RA Sattelmaier (für Michael F.) bemerkt, daß hier doch wohl eher eine Beweisermittlung zur Sache und nicht mehr zur Person vorläge. Dann zitiert er wieder aus der Anklageschrift, wo die GBA mit dem zuletzt gesehenen video meint darzulegen, daß Max E. gewaltsam einen Umsturz herbeiführen wollte. Daß er sich immer auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung bewegte und bspw. Gerichtsverfahren gegen Politiker anstrengen wollte, sei leider nicht erwähnt. Auch dieses Video sei eher entlastend zu sehen, und somit sei dies wieder ein Beispiel für die „Rosinenpickerei“ der GBA.

Max E. gibt nun noch selbst eine Einordnung zum Video ab. Es würde ihm leichter fallen dies in den zeitlichen und räumlichen Kontext einzuordnen, wenn er die Daten des GBA von seinen Datenträgern komplett erhalten würde, in der Systematik wie sie auch auf seinen Datenträgern waren. Das wäre dann für ihn wie ein Einsatztagebuch, wo er jeden einzelnen Schritt nachvollziehen könne. Dann würde er sich enorm gerne zur Sache einlassen, aber eben nur, wenn er sich vorher umfassend informieren konnte und nicht nur selektiv etwas zugeordnet bekäme. Er bittet darum, das doch so zu handhaben, damit er sich umfassend und korrekt einlassen kann.
Zu diesem video erklärt er, daß er einer Einladung einer Reservistenkameradschaft in der Nähe von Cham gefolgt ist. Daher waren die Themen auch durchaus militärisch orientiert. Die bayrische Rede ist natürlich auch auf das jeweilige Publikum gemünzt, damit dieses sich angesprochen fühlt. Selbst in der Politik sei in Bayern durchaus eine deftige Bierzeltsprache üblich (siehe Aiwanger oder Söder). Um nochmals auf das Thema KSK nach Berlin schicken zu kommen, so sei dies symbolhaft gemeint. Kein Mensch würde ernsthaft auf die Idee kommen ein KSK nach Berlin zu beordern, es sei auch aufgrund der Struktur überhaupt nicht möglich und blanker Unsinn. Er schildert nochmals die Erlebnisse in Berlin mit Polizeigewalt, die er mit eigenen Augen gesehen hat. Er selbst wisse, wie man mit Demonstranten deeskalierend umgehen kann, und das war eben in Berlin überhaupt nicht der Fall. Er beantragt in diesem Zusammenhang die oben erwähnte Ansprache vom 24.5.21 (video Pfingsten in Berlin) anzuschauen. Außerdem möchte er zwei Dinge ausdrücklich betonen und hervorheben, erstens alle erwähnten Gelder waren für technisches Gerät, Aufwandsentschädigungen und andere Auslagen zum Ausheben eines Pädophilenrings (Basler Ring) verwendet worden, und zweitens keiner der hier oder in STG/MUC Angeklagten war Teilnehmer bei der Veranstaltung in der Wirtschaft bei Cham. Dies sei einzig und allein von ihm veranstaltet worden. Er habe sich intensiv und vielfach zu diesem Thema informiert und das seien keine Verschwörungstheorien. Er habe das zusammengesucht aus vielen Quellen der Wissenschaft und Presse, wovon er überzeugt war, daß es der Wahrheit am nächsten kommt. Alles, was er dort gesagt habe, davon ist er überzeugt, war im Rahmen des Grundgesetzes und auf dem Boden der demokratischen Grundordnung. Sollte etwas strafbar gewesen sein, wie z.B. Beleidigung, Verleumdung, Verhetzung oder was auch immer, so sei dies der Situation geschuldet und müsse entsprechend gewürdigt werden. Und wenn er immer wieder dasselbe erzählt, so ist das eben sein ganzes Leben, seine militärische Lebenswelt. Er stehe zu seinem Land und dem geleisteten Eid, aber er diene dem Land und nicht einzelnen Personen. Diese Einstellung habe sich seit seinem Dienstantritt 1978 nicht geändert. Und diese einzelnen Personen würden irgendwann einmal, wenn alles ans Tageslicht kommt, zur Rechenschaft gezogen. Er verweist auf den jüngsten Mißbrauchsfall der Französin Gisèle Pelicot, die jetzt alles öffentlich macht. Was hier in diesem Gerichtssaal verhandelt würde, sei eine Sache und beruhe auf einer Anklageschrift, die völlig verkorkst von der GBA zusammengeschrieben wurde. An dieser Stelle muß er sich selbst zurückhalten und bittet nochmals, ihm doch die nötige Technik und Informatione zur Verfügung zu stellen, damit er sich entsprechend verteidigen kann. Was ihm dann noch sehr am Herzen liegt, sind die jüngsten Fälle von Soldaten, die strafrechtlich verfolgt werden, weil sie gegen die Impfpflicht verstoßen haben, die erst im Mai 2024 ausgesetzt wurde. Dies sei ein Verstoß gegen die Gesunderhaltungspflicht der Soldaten gemäß § 17a SG und verschiedener anderer Rechte gewesen. Die große Frage, die nun auch strafrechtlich zu bewerten sei, wäre doch, wie sinnvoll und rechtlich einwandfrei diese Befehlsgebung der damaligen Verteidigungsministerin Lambrecht wirklich war.

RA Böhme (für Johanna F.-J.) versteht die Lamentiererei um die gesehenen Videos nicht. Im Grunde haben diese nur Positives über und von Max E. gesagt. Die Grundrechte zurück verlangen, gewaltfrei und friedlich, Politiker zur Umkehr bringen, sein altes Deutschland zurückfordern (und zwar nicht das Kaiserreich), das spräche doch alles nicht für Gewalttätigkeiten oder sonstiges, was die GBA behauptet. Insofern hält er diese videos zur Person Max E. als ausnahmslos positiv.

RA Lober (für Birgit M.-W.) gibt einen aus seiner Sicht wichtigen Hinweis zur verwendeten Sprache aller gesehenen Videos. Max E. hatte ausgeführt, daß er beim Adressatenkreis differenziert und dementsprechend seine Reden entweder bayrisch oder hochdeutsch hält. Da alle gehörten Redebeiträge auf Bayrisch abgehalten wurden, bedeute dies ja im Umkehrschluß, daß diese keinen vereinigungsspezifischen Zusammenhang aufweisen können, denn der Reichstag stünde ja nicht in München.

Richter Bonk kommt noch einmal zurück zum Auswertungsvermerk vom 6.7.23 zum Acer Notebook. Dort wurde auch ein Dokument „Beamter in der BRD, Prussia Aktiv Nr. 55, von Ronald Gehlken“ gefunden, welches nun verlesen wird. Das Dokument findet sich auch heute noch im telegram Kanal t.me/unserRecht unter:

https://t.me/unserRecht/14493

RA dalla Fini (für Max E.) fragt nach dem Beweiswert dieses Dokuments. Es sei auf dem Laptop seines Mandanten gewesen, mehr aber auch nicht. Es gäbe keinen Nachweis, daß es ihm zuzurechnen sei. Darüberhinaus hätte sein Mandant sich bereits in einer der GBA vorliegenden Gegendarstellung eindeutig davon distanziert.

RA Sattelmaier (für Michael F.) zitiert wieder aus der Anklageschrift, wonach sich Max E. mit den Narrativen der Reichsbürger beschäftigt habe und diese auch billige. Dies sei durch die Ergebnisse der Asservatenauswertung belegt. Zum Beweis werden die gefundenen Dokumente des Reichsbürger Ronald Gehlken angeführt. Woraus die Billigung geschlossen wird, erklärt die GBA nicht. Dies wird einfach durch den Besitz eines Geschreibsels von wem auch immer auf dem PC unterstellt. So ist das Vorgehen der Staatsanwaltschaft und er halte das für nicht mehr tragbar. Dies wurde nun schon mehrfach festgestellt, und es lasse tief blicken, was die GBA hier in der Anklageschrift gemacht hat.

RA’in Rueber-Unkelbach (für Birgit M.-W.) schließt sich den Vorrednern an und sieht es äußerst kritisch, wenn ohne näheres Hinterfragen irgendwelche auf dem PC gespeicherten Dokumente dem Besitzer zugeordnet werden. Sie nennt als Beispiel, daß man bspw. zu einem Gerichtsverfahren recherchiert hat und das Gefundene auf dem PC speichert. Was würde wohl passieren, wenn einem das alles zugeordnet wird? Sie möchte diesen Gedanken lieber gar nicht zu Ende denken. Es möge sich jeder kritisch hinterfragen, was er alles auf seinem Notebook, Handy oder sonstigen Speichermedien abgespeichert hat. Als weiteres Beispiel nennt sie die Unterstreichungen ihrer Mandantin in einem Buch von Matthes H., daß diese in Vorbereitung für ein Treffen überarbeitet und Unterstreichungen darin vorgenommen hatte. Auch das wurde ihr so ausgelegt, daß eine Unterstreichung bereits Zustimmung bedeute. Diese Sicht auf die Dinge wäre mehr als eindimensional und sollte etwas kritischer hinterfragt werden.

RA von Alvensleben (für Prinz Reuss) pflichtet der Kollegin bei und erwähnt, daß er z.B. als Verteidiger sehr viel zugeschickt bekommet, von dem er oft denkt, das kann doch nicht ernst gemeint sein. Wie soll er damit umgehen, Löschen oder was? Wenn man das nun bei ihm findet, darf man ihm nicht unterstellen, welche Meinung er dazu hat, er speichert es dann eben zur Akte. So wie er Max E. heute und bisher wahrgenommen hat, kann man ihm solches Gedankengut und das Billigen solcher Narrative überhaupt nicht unterstellen, ganz im Gegenteil.

RA’in Hamed (für Hans-J.H.) bemerkt, daß eine Distanzierung offensichtlich nicht genügt (siehe Max E.), denn diese hätte keine Würdigung in der Anklagschrift gefunden. Die Existenz und das Abspeichern würde hier schon für den Vorwurf der Billigung genügen. Dies werfe kein gutes Licht auf die Arbeit der GBA, die wie der Kollege Sattelmaier schon sagte, sehr einseitig und rosinenpickend etwas herausgegriffen habe, und hier sei es doch ganz offensichtlich, daß man das, was in der Anklageschrift steht, überhaupt nicht halten kann.

RA Klemke (für Michael F.) erinnert die Einstellung der GBA an „Dunkelzeiten“, als man das Hören von „Feindsendern“ mit dem Leben bezahlt hat. Offensichtlich wird hier eine Kontaktschuld konstruiert und es wird einfach etwas unterstellt. Das sei happig!

RA Wölfel (für Peter W.) äußert seinen Unmut über den Ausfall des morgigen Sitzungstages. Dies wäre anders abgesprochen gewesen und jetzt müsse man zwei Wochen mit diesen unsäglichen Zwischentagen verhandeln. Dies belaste insbesondere die auswärtigen Verteidiger sehr. Richter Bonk bestätigt die Termine wie jetzt angekündigt und bemerkt, daß Änderungen nicht immer vermeidbar wären.

Der Sitzungstag endet um 16:25 Uhr und wird am Donnerstag, den 24.10.24 um 9:30 Uhr fortgesetzt mit der Verlesung weiterer bei Max E. sichergestellten Asservate, sowie der ergänzenden Befragung von Birgit M.-W. durch den Vorsitzenden.

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